Eiskalte Enteignung
- Flossbach von Storch
Die Deutschen haben knapp 2,9 Billionen Euro auf weitgehend unverzinsten Spar- und Girokonten geparkt. Es droht ein gigantischer Wertverlust.
In der Coronakrise ist das Geldvermögen der Deutschen gestiegen – auf mehr als sieben Billionen Euro. Doch trotz der hohen Inflationsraten sind laut Bundesbank mehr als 2,9 Billionen Euro als Bargeld in Umlauf oder liegen auf nicht oder kaum verzinsten Giro- oder Sparkonten. Was wäre, wenn die Ampel-Koalition beschließen würde, diese Summen künftig zu besteuern, um den geforderten finanziellen Spielraum von 50 Milliarden Euro für Reformprojekte zu finanzieren? Bereits ein Steuersatz von zwei Prozent würde dafür ausreichen.
Es braucht nur wenig Fantasie, um sich die Empörung über ein solches Vorhaben vorzustellen. Würde doch eine solche Abgabe alle Vermögen unabhängig vom Einkommen treffen: Der Durchschnittsverdiener würde ebenso wie der Vermögende zur Kasse gebeten, aber auch Rentner, Alleinerziehende und sogar Kinder. Es gäbe sicher größere Empörung bei den Bürgern und Schlagzeilen in der Presse. So ein Projekt wäre wohl kaum umsetzbar. Wirklich nicht?
Tatsächlich gibt es die kalte Enteignung von Sparern bereits seit 2015 – auch ohne jede Steuer. Seit mehr als fünf Jahren müssen Anleger auf Sparkonten negative Realzinsen hinnehmen. Der durchschnittliche Zinsertrag auf Sparguthaben deckte seither den Kaufkraftverlust durch die Verbraucherpreisinflation nicht mehr ab (vgl. Grafik).
Durch diesen über die Jahre negativ wirkenden Zinseszinseffekt summieren sich auch scheinbar kleine Verluste schnell. So haben 100 Euro seit 2015 „durchschnittlich“ verzinste Sparguthaben bis heute nur noch eine Kaufkraft von 93 Euro. Würde sich die Inflation auf die von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebten zwei Prozent pro Jahr einpendeln, ohne dass die Zinsen steigen (können), hätte der Sparer bis 2030 mehr als 20 Prozent verloren.
Die Grafik zeigt also besser als viele Worte, wieso die negativen Realzinsen für Sparer Handlungsbedarf bedeuten. Wer langfristig sein Vermögen mindestens erhalten will, sollte umschichten; in Sachwerte. In eine selbstgenutzte Immobilie zum Beispiel, vielleicht in Gold, doch (das ist zumindest unsere Überzeugung) allen voran in ausgewählte Aktien. Sparbuchfans und Anleihebesitzer sollten die aktuellen Entwicklungen besser nicht ignorieren. Und die Inflation ist zuletzt deutlich über die von der EZB favorisierten zwei Prozent gestiegen.
Verschiedene Fachbegriffe aus der Welt der Finanzen finden Sie in unserem Glossar erklärt.
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