Die Preise steigen in den USA nicht mehr so schnell und die Stimmung an den Kapitalmärkten hellt sich auf. Kommt jetzt die große Börsenrally?
Das beherrschende Thema an den Kapitalmärkten bleibt weiterhin die Inflationsentwicklung und deren Auswirkung auf die Notenbankpolitik. Die Höchststände bei den jährlichen Inflationsraten dürften langsam hinter uns liegen. In den USA stiegen die Verbraucherpreise im Januar um 6,4 Prozent, nachdem die Inflation im Juni vergangenen Jahres noch bei rund 9 Prozent lag.
Es gibt Hoffnung, zumindest auf dem ersten Blick. So könnten die Energiepreise schon in den kommenden Monaten das Vorjahresniveau unterschreiten. Während dieser Basiseffekt die „Headline“-Inflationsrate drückt, dürfte die von den Notenbanken stärker beachtete Kerninflationsrate (ohne Nahrungsmittel und Energie) von aktuell knapp sechs Prozent in den USA und fünf Prozent in der Eurozone aufgrund der hohen Lohndynamik hartnäckiger sein. Dafür spricht der Wunsch der Arbeitnehmer, die inflationsbedingten Kaufkraftverluste aufzuholen – in Deutschland sanken die Reallöhne im vergangenen Jahr um 4,1 Prozent gegenüber 2021.
Zudem führt die demografische Entwicklung – insbesondere in der Eurozone – zu einer kontinuierlich steigenden Unterversorgung des Arbeitsmarktes, aus dem jährlich immer mehr Menschen ausscheiden als neu eintreten. Daneben dürften weitere Faktoren für anhaltenden Preisauftrieb sorgen. Beispielsweise verursacht der Übergang zu einer „grünen Wirtschaft“ in den kommenden Jahren hohe Kosten. Ebenso dürfte das Bestreben vieler Unternehmen, ihre Lieferketten widerstandsfähiger zu machen, zu steigenden Kosten und höheren Preisen führen.
Das Thema Inflation dürfte uns also noch erhalten bleiben. Ebenso wie die restriktivere Geldpolitik, die aus höheren Zinsen und dem weiteren Entzug von Liquidität, etwa durch die Reduzierung der Notenbankbilanzen durch das Ende von Anleihekäufen, besteht.
Auch wenn das Schlimmste an den Aktienmärkten vielleicht schon hinter uns liegen könnte und die Bewertungen am Aktienmarkt gesunken sind, ist dies nicht gleichbedeutend mit dem Beginn eines neuen, massiven Bullenmarktes. Denn durch das höhere Zinsniveau hat sich nicht nur der Bewertungsspielraum bei Aktien reduziert. Selbst wenn die Fed die Leitzinsen bald nicht weiter erhöhen sollte, lastet das erreichte Zinsniveau auf der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
Bis dahin dürften sich die Aktien- und Anleihenmärkte von einer Inflationszahl zur nächsten Zentralbanksitzung hangeln und einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt sein. Die Einzeltitelauswahl (welche Aktien kaufe oder verkaufe ich) bleibt in diesem Jahr für Anleger von besonderer Bedeutung. Aktien von Unternehmen, die höhere Preise ohne deutliche Absatzverluste durchsetzen können, dürften von den aktuell hohen Inflationsraten langfristig sogar profitieren. Denn hier steigen nicht nur die nominalen Umsätze mit der Inflation, sondern auch die nominalen Gewinne. Das spricht auch für höhere nominale Aktienkurse.
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