Ob Ölpreis, Klimakrise oder Lieferengpässe: Die Inflation ist ein Ergebnis der Herausforderungen unserer Zeit. Doch sie ist vor allem entstanden, weil Notenbanken den Treibstoff liefern.
Keine Frage, die Weltwirtschaft steckt derzeit nicht nur in einer, sondern gleich in mehreren Krisen. Zur Klimakrise und der damit verbundenen Dekarbonisierung kommt ein Krieg in Europa und die damit verbundenen Sanktionen. Das hat Energie dramatisch verteuert. Nicht zu vergessen sind Lieferengpässe und die Probleme in China. Die hohe Inflation ist mit den meisten dieser (und noch weiteren) Themen strukturell verknüpft. Damit ist es das Problem, das uns wohl am längsten beschäftigen wird.
Die Ursache für die enorme und anhaltende Steigerung der Verbraucherpreise liegt jedoch nicht ausschliesslich in den hohen Energiepreisen oder in Lieferkettenproblemen, die die Teuerung inzwischen verstärken. Auch die lockere Geldpolitik der Notenbanken hat für den Treibstoff gesorgt, der die jüngste Entwicklung erst ermöglicht hat.
Die Situation ist vielleicht vergleichbar mit einem alten Mantel von Reiner Calmund, auch Calli genannt, der legendäre Manager der Fußballmannschaft Bayer Leverkusen. Vielen ist er auch als ein Schwergewicht mit riesigen Anzugjacken bekannt, der vor einiger Zeit dank einer Magen-OP sein Gewicht halbiert hat. Würde er nun jemanden wie mir einen seiner alten Mäntel schenken, wäre dieser viel zu groß – dabei bin ja auch ich kein schmaler Wurf. Entweder müsste ich also extrem zunehmen, oder (was wahrscheinlicher wäre), mir den Mantel passend schneidern lassen. Entsprechend lauten die Alternativen für die Notenbanken: Inflation rauf oder die Geldmenge verkleinern.
Geldmenge zu stark ausgeweitet
Durch die expansive Geldpolitik der vergangenen Jahre wurde die Geldmenge M2 sehr ausgeweitet. Letztere umfasst im wesentlichen Bargeld, Sichtguthaben und Sparguthaben bis zu einer Einlage von 100.000 US-Dollar. Diese Geldmenge ist auch durch die enormen Transfers in Pandemiezeiten stark gestiegen. Der Inflationsmantel wurde damit – gemessen an der Geldmenge und im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) – zu groß (siehe Grafik).

Durch die inzwischen hohe Differenz zwischen dem Geldmengenwachstum und dem Wirtschaftswachstum ist viel Raum für eine längere Phase hoher Inflationsraten entstanden. Auch wenn wir hier für die nächsten fünf bis zehn Jahre über Preissteigerungen von durchschnittlich „nur“ drei bis fünf Prozent per annum reden, ungewohnt ist diese Situation für viele Bürger dennoch. Die Bank of England erwartet für den Herbst 2022 einen Anstieg der Verbraucherpreise um 13 Prozent und – noch wichtiger – sie bestätigt unsere Erwartung, dass die Inflation nicht so rasch verschwinden wird.
Anlegerinnen und Anleger sollten sich darauf einstellen und Cash- und Anleihebestände, die in einer solchen Phase mit vermutlich steigenden Zinsen strukturell zu den Verlierern zählen werden, nur opportunistisch einsetzen. Sie sollten sich bei der längerfristigen Geldanlage auf erstklassige Unternehmensbeteiligungen konzentrieren.
Ist die Lage in den USA besser?
In den USA spricht man inzwischen von der „peak-inflation“, die erreicht sein soll. Also der Spitze bei den Inflationssätzen, bei der sich die Lage dann stabilisieren soll. Was ist davon zu halten?
Tatsächlich sind die USA in mancher Hinsicht besser aufgestellt als die Eurozone. So gilt als ein Argument der starke US-Dollar, der Importe für Amerikaner verbilligt. Auch die Ausgaben für steigende Energiepreise bleiben größtenteils im Land. Zudem fallen sie deutlich niedriger aus als bei uns, da die USA über einige bedeutende Energiefirmen verfügen, außerdem ist die demografische Situation deutlich weniger angespannt als hier. Und vergessen wir nicht, der US-Dollar-Raum ist nicht aufgeteilt in 19 Länder und Volkswirtschaften, wie die Eurozone; das Mandat und das Pflichtenheft von Notenbankchef Jerome Powell sind viel eindeutiger. Er hat den Kampf gegen die Inflation aufgenommen und wird sich so lange festbeißen, bis wieder ein erträglicheres Niveau erreicht ist.
Dennoch ist es aber auch für die USA nicht so einfach, wie die jüngsten Inflationszahlen zeigen. Die Kerninflation, also die Inflation ohne Berücksichtigung der stark schwankenden Energiepreise, steigt auch dort weiter an. Die Löhne stiegen, gemessen am „Atlanta Wage Index“, im Jahresvergleich um sieben Prozent. Die befürchteten Zweitrundeneffekte, die die Inflation verfestigen, haben sich somit in den USA längst eingestellt. Wobei selbst diese Lohnsteigerungen nicht ausreichen, um die realen Kaufkraftverluste auszugleichen.
Die Inflation dürfte zwar in den USA besser als in der Eurozone zu ertragen sein, aber dennoch auch dort langfristig ein Thema bleiben. Anleger und Anlegerinnen sollten das für ihre Finanzplanung berücksichtigen.
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