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Bankenkrise: „Besser nicht zu früh freuen“

Thomas Mayer spricht im Interview über die jüngsten Bankenpleiten in den USA, ihre Gründe – und was das für die europäischen Finanzinstitute bedeuten könnte.

Ist der Pleite dreier Regionalbanken in den USA möglicherweise erst der Anfang gewesen?
Man wird zumindest das Gefühl nicht los, dass hinter diesen Pleiten mehr stecken könnte, als derzeit mit dem bloßen Auge sichtbar ist.

Wie kommen Sie zu dem „Gefühl“?
Jim Reid, mein früherer Kollege von der Deutschen Bank, hat analysiert, dass die Bilanzsumme der drei gescheiterten Geldinstitute rund zwei Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts betrug – das ist bemerkenswert, wie ich finde!

Und was lässt sich daraus schließen?
Zunächst einmal, dass ihr Ausfall jetzt schon eine der größten Bankenpleiten der vergangenen 100 Jahre war.

Im Vergleich zu?
In der Großen Depression der 1930er-Jahre fielen an die 10.000 Institute mit einer Bilanzsumme von knapp 6,5 Prozent des BIP aus, in der Sparkassenkrise Anfang der 1990er-Jahre waren es 2000 Banken mit einer Bilanzsumme von rund drei Prozent des BIP, und in der Finanzkrise von 2007/08 gingen knapp 500 Geldhäuser mit einer Bilanzsumme von rund 2,5 Prozent des BIP bankrott. Diesmal haben drei Banken ausgereicht, um einen Ausfall ähnlicher Größenordnung zu produzieren. Und vielleicht noch ein bemerkenswertes Detail: Die jüngste Pleitewelle war nicht nur die am stärksten konzentrierte, sondern auch die schnellste. So verlor zum Beispiel die Silicon Valley Bank an einem einzigen Tag 23 Prozent ihrer Einlagen. In früheren Krisen brauchte es dafür Wochen …

Aber was bedeutet das für die Zukunft?
Es scheint so, als dass die zunehmende Konzentration im Finanzsektor und die schnelle Kommunikation in den sozialen Medien die Art der Bankenkrisen verändert haben: Es reichen bereits wenige Problembanken, um eine Krise auszulösen, die schnell eskaliert.

Bisher scheint das Bankenproblem aber auf die USA begrenzt, die Credit Suisse einmal beiseitegelassen …
Wir sollten uns besser nicht zu früh freuen. Den Bankrott der Credit Suisse als Einzelfall zu sehen, der sich sicherlich nicht wiederholen wird – das erinnert stark an das Jahr 2007, als man die Krise im US-Hypothekenmarkt zunächst auch als ein rein amerikanisches Problem abtat. Die Folgen sind bekannt. Die Zinserhöhungen werden auch an den europäischen Banken nicht spurlos vorübergehen. Nehmen wir den Immobilienmarkt in Deutschland als Beispiel – die Herausforderungen sind groß.

Wie sehen die Herausforderungen denn konkret aus?
Was höhere Zinsen für den Markt bedeuten, zeigt eine einfache Rechnung: Im Bundesdurchschnitt zahlt man für einen Quadratmeter Wohnraum circa 3300 Euro für die Anschaffung und 9,50 Euro für die Monatsmiete. Daraus ergibt sich eine Jahresrendite von 3,5 Prozent, aus der die Kosten der Finanzierung, für Instandhaltung und Verwaltung bezahlt werden müssen.

Bei den neuen Zinskonditionen klingt das nach keinem guten Geschäft …
Steigen nun bei unveränderten Mieten die Zinskosten um drei Prozentpunkte, sinkt die Bewertung des Wohnraums um 46 Prozent auf 1766 Euro pro Quadratmeter. Zudem verlangt die rigorose Heizungspolitik der Bundesregierung Investitionen zur Erhöhung der Energieeffizienz, die für Bestandsimmobilien auf etwa 400 Euro pro Quadratmeter geschätzt werden. Daraus folgt ein weiterer Rückgang der Bewertung auf 1366 Euro pro Quadratmeter. Damit wären wir insgesamt bei einem Abschlag von 59 Prozent!

Was bedeutet das für die Banken?
Ende vergangenen Jahres betrug die Summe der ausstehenden Kredite deutscher Banken für den Wohnungsbau 1,8 Billionen Euro. Mit ihrem Kapital und Rücklagen von rund 750 Milliarden Euro könnten sie nur Abschreibungen um 42 Prozent decken.

Wobei es alles andere als ausgemacht ist, dass sich der rechnerische Rückgang der Bewertungen auch tatsächlich so vollzieht.
Ausgemacht ist das nicht, das stimmt. Ich würde aber finanzielle Schieflagen im Immobilienbereich, die Banken zu Kreditabschreibungen zwingen, nicht ausschließen. Bisher scheinen alle Beteiligten zu hoffen, dass die Abschreibungen überschaubar bleiben. Wir werden sehen, ob diese Hoffnung berechtigt ist.

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