Vor allem die hohe Inflation dürfte den Unternehmen 2022 ein Rekordwachstum bescheren – und die Gewinne steigen lassen. Hintergründe und Aussichten.
Das Jahr 2022 kann als ein Jahr der Rekordinflation gelten, als ein Jahr des Krieges und der Energiekrise. So negativ das Umfeld auch war – 2022 dürfte gleichfalls als ein Jahr mit einem rekordverdächtig hohen Gewinnwachstum der Unternehmen in die Geschichtsbücher eingehen.
Wie beinahe jedes Jahr lagen die Gewinnschätzungen der Analysten für das Gesamtjahr – trotz der bereits hohen Inflation und der Lieferkettenprobleme zu Jahresbeginn – im hohen einstelligen Bereich. So weit, so ungewöhnlich. Nach dem ersten Halbjahr weicht der Optimismus – gerade was die Gewinne europäischer Unternehmen angeht – dann aber in der Regel meist einer gewissen Ernüchterung.
Nicht so in diesem Jahr. Im Gegenteil: Die Schätzungen steigen kontinuierlich weiter an. Nach nun elf von zwölf Monaten zeichnet sich ein klares Bild ab: die Gewinne der Unternehmen, die im weltweiten Aktienindex MSCI World abgebildet werden, dürften sogar eher um zehn statt der zu Jahresbeginn erwarteten sieben Prozent ansteigen. Die Gewinne europäischer Unternehmen werden im Gesamtjahr 2022 vermutlich sogar um mehr als 20 Prozent zulegen.
Wie kann das sein, angesichts des Krisen-Cocktails, dem wir uns gegenübersehen? Im Großen und Ganzen gibt es zwei Faktoren, die die Gewinnentwicklung in diesem Jahr maßgeblich beeinflusst haben. Die Währungsentwicklungen sowie die deutlich steigenden Preise. Regional sehr unterschiedlich wirkte der starke US-Dollar. Für die Unternehmen aus den USA ein starker Gegenwind, half er den Unternehmen aus beinahe allen anderen Währungsräumen. Das erklärt die im Vergleich zum Jahresbeginn sehr viel höheren Wachstumsraten im Euroraum, UK und Japan. Zusätzlich half die hohe Inflation den Unternehmen beinahe überall auf der Welt. Bedeutet doch ein starker Anstieg der Verbraucherpreise nichts anderes, als dass der Durchschnitt der Unternehmen die Preise angehoben hat. In den USA neutralisierten sich die beiden Effekte.
Wie stark die Unterstützung höherer Preise in diesem Jahr wirkte, verdeutlicht die folgende Grafik unten. Sie zeigt die organischen Wachstumsraten von 27 Unternehmen aus dem Bereich des „nicht-zyklischen Konsums“. Dabei geht es nicht primär um den Sektor an sich. Die Unternehmen in diesem Sektor weisen aber Preis- und Mengenentwicklung explizit aus, was die Betrachtung leichter und den Effekt steigender Preise besonders deutlich macht.
Die rechten drei Balken zeigen die Entwicklung der ersten drei Quartale in diesem Jahr. Man sieht einerseits die verhaltene Entwicklung der Volumina, die im Jahresvergleich zuletzt sogar leicht rückläufig waren. Andererseits wird deutlich, dass die gestiegenen Preise ein wahrer „Boost“ für die Umsätze waren. Stagnierende oder fallenden Volumina konnten weit mehr als nur mehr kompensiert werden.
Übertragen auf die Volkswirtschaft zeigt die Grafik damit auch, wie wichtig es ist, zwischen realem und nominalem Wachstum zu unterscheiden. Bei der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sehen wir in beinahe allen Ländern und Regionen derzeit einen ähnlichen Effekt, zeigt die folgende Grafik.
Während der „gelbe Balken“, sprich das reale Wachstum, kaum mehr wächst oder teils sogar schrumpft, steigt der „blaue Balken“ oder das nominale BIP kräftig. Etwas detaillierter legte in Deutschland beispielsweise das reale BIP im dritten Quartal nur um gut ein Prozent zu, während es nominal um fast sechs Prozent anstieg. Bei der Sorge vor einer Rezession, also negativem realen Wachstum, sollte man das im Hinterkopf haben.
Und selbst, wer für das kommende Jahr eine Gewinnrezession erwartet – also davon ausgeht, dass ein rückläufiges reales Wachstum nicht mehr durch steigende Preise kompensiert werden kann – sollte vorsichtig sein, davon eine Aktienmarktprognose abzuleiten. Impliziert doch diese Erwartung, dass es den Notenbanken gelingen wird, die Inflation zu bekämpfen.
Es ist aber alles andere als sicher, wie der Aktienmarkt darauf reagieren würde. Stützen dann eher sinkende Inflationsraten und damit die Aussicht auf sinkende Zinsen die Bewertungen oder drücken fallende Gewinne auf die Stimmung? In diesem Jahr zumindest war die oben dargestellte (und sehr erfreuliche) Gewinnentwicklung offensichtlich für Anleger und Anlegerinnen zweitrangig.
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