DAX-Konzerne haben in den vergangenen acht Jahren Milliardenbeträge über Subventionen von staatlichen Stellen erhalten. Basierend auf den Angaben in den Geschäftsberichten der Konzerne betrug die Gesamtsumme der Förderbeträge 35 Milliarden Euro. Berücksichtigt man zusätzlich Informationen aus der EU-Transparenzdatenbank, so steigt für die vergangenen acht Jahre die Gesamtsumme auf 44 Milliarden Euro an.
Der größte Empfänger staatlicher Gelder ist der Energiekonzern E.ON, gefolgt vom Autobauer Volkswagen und Energieversorger RWE. Das Ausmaß, in dem profitabel wirtschaftende Konzerne mit öffentlichen Geldern versorgt werden, ist über die vergangenen Jahre drastisch angestiegen. Im Jahr 2023 wurden mehr als fünfmal so viele Subventionen an deutsche Großkonzerne ausgezahlt wie noch im Jahr 2016.
Der Grund für den massiven Anstieg der Subventionen liegt hauptsächlich in den politischen Entscheidungen der Ampelregierung und der großen Koalition. Hierunter fällt das politische Vorhaben, die Wirtschaft zu transformieren und sie während der Coronapandemie und des Ukrainekriegs zu stützen. Durch die vorliegenden Daten kann jedoch kein Nachweis erbracht werden, dass die öffentlichen Gelder tatsächlich einen gesellschaftlichen Mehrwert erbracht haben. Vielmehr ist zu befürchten, dass ein Großteil der Mittel lediglich private Gelder ersetzt. Des Weiteren führen die eingesetzten Subventionen dazu, dass Großkonzerne Investitionen in Geschäftsfelder tätigen, bei denen unklar ist, ob sie überhaupt langfristig profitabel unterhalten werden können. Mögliche Folgen der Subventionspolitik sind Ressourcenverschwendung, Wettbewerbsverzerrung und eine Abhängigkeit der Wirtschaft von staatlichen Geldern.
Basierend auf den Angaben in den Geschäftsberichten der Unternehmen entfiel über den Zeitraum 2016 bis 2023 bei fünf Konzernen mehr als zehn Prozent ihres kumulierten Vorsteuergewinns auf Subventionen. Im Extremfall bei RWE entsprach basierend auf den Angaben der EU-Transparenzdatenbank die Höhe der erhaltenen Subventionen dem Vorsteuergewinn der vergangenen acht Jahre. Ohne Subventionen hätte RWE keinen kumulierten Gewinn seit dem Jahr 2016 ausweisen können. Dadurch hat RWE genauso wie E.ON über den betrachteten Zeitraum keinen Beitrag zu den öffentlichen Kassen geleistet, da die gezahlten Steuern geringer waren als die erhaltenen Subventionen.
Im Folgenden wird zunächst die Datengrundlage der Studie erläutert. Daraufhin erfolgt eine datengestützte Analyse der Subventionen für DAX-Konzerne sowohl auf aggregierter Ebene als auch auf Unternehmensebene. Abschließend werden die Ergebnisse im Kontext der ökonomischen Theorie über die Auswirkungen von Subventionen eingeordnet.
Unter einer Subvention versteht man eine staatliche Leistung für Unternehmen, die nicht an eine Gegenleistung gebunden ist. Grundsätzlich sind Subventionen nach Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) in der EU und damit auch in Deutschland verboten. Jedoch ermöglichen die Abschnitte 2 und 3 des Art.107 AEU Ausnahmen, die genutzt werden, um Subventionen zu genehmigen.
Meist werden Subventionen in Form einer direkten Finanzhilfe gezahlt. Sie können jedoch auch in Form von Steuererleichterungen, Zinsbegünstigungen, Schuldenerlasse, Bürgschaften, als Bereitstellung von Grundstücken, Waren oder Dienstleistungen zu Sonderkonditionen oder indirekt als Zahlung an private Haushalte mit Zweckbindung erfolgen.
Die bekanntesten Informationsquellen zu Subventionen in Deutschland sind die Subventionsberichte des Bundes (siehe bspw. Bundesministerium der Finanzen 2023) sowie die Subventionsberichte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (siehe bspw. Laaser et. al 2023). Beide Berichte stützen sich auf Angaben der Geldgeber, aus denen jedoch keine Schlussfolgerung gezogen werden kann, wie hoch die Beträge sind, die einzelne DAX-Konzerne erhalten haben. Weitere staatliche Angaben, wie bspw. Antworten auf Anfragen an die Bundesregierung, weisen erhebliche qualitative Mängel in Bezug auf die Vollständigkeit auf.1
Um ein belastbares Bild über die Subventionen der DAX-Konzerne zu gewinnen, werden die folgenden beiden Quellen zu Datenerhebung herangezogen.
Die erste Datenerhebung stütz sich auf die Angaben über Zuwendungen und andere Beihilfen der öffentlichen Hand, die börsennotierte Unternehmen gemäß des Accounting Standard IAS 20 in ihren Geschäftsberichten machen müssen. Hierbei werden erfolgsbezogene Zuwendungen als auch Zuwendungen für Vermögenswerte erhoben. Erfolgsbezogene Zuwendungen, wie bspw. Gelder für Forschung und Entwicklung oder zum Ausgleich von Kosten, werden meist als „sonstige betriebliche Erträge“ in dem Jahr, in dem die Ausgaben anfallen, die kompensiert werden sollen, gezeigt. Bei Zuwendungen für Vermögenswerte, wie bspw. Zuzahlungen für den Bau von Produktionsanlagen, besteht für die Unternehmen ein Wahlrecht. Entweder können sie den Vermögenswert zu verminderten Anschaffungskosten bilanzieren. Oder, alternativ kann die Zuwendung über einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten aktiviert und über den Nutzungszeitraum des Vermögensgegenstands erfolgswirksam aufgelöst werden. Während im ersten Fall die Subvention vollständig für das Geschäftsjahr der Anschaffung erhoben werden kann, erfolgt die Erhebung im Falle der Aktivierung über die Nutzungsdauer des Vermögenswerts. Dadurch kommt es bei ansonsten identischen Vorgängen zu einer unterschiedlichen Verteilung der Subventionsbeträge auf die Geschäftsjahre. Wenn keine Angaben zur jährlichen Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens gemacht werden, wird anhand der Angaben über den Anteil der kurz- und langfristigen Positionen die Höhe der jährlichen Auflösung geschätzt. Sind jene Informationen ebenfalls nicht verfügbar, so wird der jährliche Betrag anhand der sonstigen vorliegenden Informationen geschätzt.
Aus den Geschäftsberichten der Jahre 2016 bis 2023 konnten für die 40 Konzerne 156 Datenpunkte über Subventionen erhoben werden, die sich auf 29 Konzerne verteilen. Erklärende Informationen zu den Angaben sind in den Geschäftsberichten nur äußerst spärlich vorzufinden. Trotz der Forderung von IAS 20, die Art der Förderung offenzulegen, werden meist nur einzelne unkommentierte Zahlen veröffentlicht. Bei den übrigen elf DAX-Konzernen konnten keine Angaben zu Subventionen gemäß IAS 20 gefunden werden.
Durch die Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der europäischen Kommission müssen gewährte Subventionen in der Beihilfentransparenzdatenbank der EU veröffentlicht werden. Hierbei gilt die "De-minimis-Regelung" (Verordnung (EU) Nr. 1407/2013), dass Beihilfen unterhalb einer Höhe von 200.000 Euro (300.000 Euro seit 13.12.2023) in einem Zeitraum von drei Jahren bezogen auf den gesamten Unternehmensverbund nicht von der EU-Kommission genehmigt werden müssen und daher auch nicht notwendigerweise in der Datenbank auftauchen.
Zum Abgleich, welcher DAX-Konzern Subventionen erhalten hat, wurde die vollständige Beihilfentransparenzdatenbank zum Stand vom 22.02.2024 mit über 1,7 Millionen Einträgen, die sich auf den Zeitraum 15.09.2016 bis 31.12.2023 beziehen, nach dem Namen des angegebenen Beihilfeempfängers durchsucht. Als Grundlage für den Namensvergleich dienen die Anteilsbesitzlisten der Konzerne der Geschäftsjahre 2023, die nicht selten mehrere hundert Unternehmen umfassen. Hierbei wurde nicht nach der Höhe des Anteilsbesitz des Tochterunternehmens unterschieden. Der Namensvergleich erfolgt computerbasiert unter Berücksichtigung verschiedener Schreibweisen und Abkürzungen. Eine Unschärfe im Abgleich kann entstehen, wenn sich die Anteilsbesitzlisten während des Untersuchungszeitraumes verändert haben, welches nicht nachverfolgt wurde. Ebenso ist möglich, dass auf Grund von komplexen Besitzstrukturen, Namensänderungen oder Umfirmierungen, Subventionszahlungen nicht den Konzernen zugeordnet werden konnten. Da Spanien eine eigene Beihilfentransparenzdatenbank unterhält, wurde diese separat ausgewertet. Zu Subventionen aus den EU-Ländern Polen, Rumänien, und Slowenien lagen keine Informationen in der Datenbank vor.
In der Transparenzdatenbank wird nicht immer der exakte Subventionsbetrag festgehalten, sondern in einigen Fällen lediglich ein Intervall, bspw. „2 bis 5 Mio. Euro“. In diesen Fällen wurde der Mittelwert des angegebenen Intervalls als erhaltene Subvention festgehalten.
Es konnten 5.675 Einträge 37 verschiedenen DAX-Konzernen zugeordnet werden. Lediglich zu drei Konzernen – Hannover Rück, Commerzbank und Deutsche Börse – gab es keine Eintragung in der Datenbank.
Alle weiteren Informationen zu den Unternehmen entstammen den Geschäftsberichten, Auskünften von Investor Relations der Unternehmen oder der Datenbank Refinitiv.
Die Gesamtsumme der erhaltenen Subventionen deutscher Großkonzerne im Zeitraum 2016 bis 2023 liegt nach den Angaben in den Geschäftsberichten bei 35,1 Mrd. Euro. Aus der EU-Datenbank ist mit 17,6 Mrd. Euro hingegen nur die Hälfte zu entnehmen. Nutzt man jedoch für jedes Unternehmen den jeweils höheren Wert aus den beiden Datenerhebungen, beträgt die Gesamtsumme der Subventionen 43,8 Mrd. Euro.
Die Angaben in den Geschäftsberichten lassen einen klaren Trend erkennen (siehe Abbildung 1). Während die erhaltenen Subventionen bis zum Jahr 2018 bei rund 2,0 Milliarden Euro lagen, stieg der jährliche Betrag in der Folge stark an und erreichte im Jahr 2023 mit 10,7 Milliarden Euro mehr als das Fünffache. Somit entfällt die Hälfte der Gesamtsumme auf die letzten beiden Jahre. Der Trend spiegelt dem vom Kieler Institut für Weltwirtschaft dokumentierten Subventionsanstieg wider (Laaser et. al 2023). Die Gründe für den Anstieg sind in den Staatshilfen der Coronapandemie, den Stützungsmaßnahmen in Folge des Kriegs in der Ukraine und in dem Vorhaben, die politische beabsichtigte Transformation der Wirtschaft zu beschleunigen, zu suchen. Die Gelder entstammen unter anderem dem „Klima- und Transformationsfonds“, dem „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“, sowie aus Subventionsprogrammen ausländischer Institutionen.
Auf Platz drei folgt der Energieversorger RWE mit 4,0 Mrd. Euro laut der EU-Datenbank. Bei RWE entfällt ein Großteil der Subventionen auf direkte Förderungen für Kraftwerke, zum Bau von Windparks und Verbrennung von Biomasse.
Die Geschäftsfelder der drei Unternehmen nehmen Schlüsselpositionen in den Branchen ein, auf den sich die politischen Transformationsabsichten und die Stützungsmaßnahmen der deutschen Regierungen während des Beobachtungszeitraums fokussiert haben.
Während die höchsten Förderbeträge in den Geschäftsberichten ausgewiesen werden, sind jedoch häufiger Einträge zu den Unternehmen in der EU-Datenbank zu finden. Bei acht Unternehmen sind in keinem der betrachteten Geschäftsberichte Informationen über die Höhe der erhaltenen Subventionen zu finden, obwohl es Einträge in der EU-Datenbank zu den Unternehmen gibt. In beiden Datenerhebungen häufen sich jedoch die Einträge zum Ende des Untersuchungszeitraums, so dass sowohl aus der Höhe als auch in der Häufigkeit ein zunehmender Trend von Subventionen zu vernehmen ist.
Lediglich bei drei Unternehmen sind in beiden Quellen keine Angaben über Subventionen zu finden (Commerzbank, Deutsche Börse und Hannover Rück). Bei der Commerzbank ist jedoch die Bundesrepublik Deutschland mit über 15 % der größte Aktionär, was auch hier auf eine zumindest indirekte Subventionierung schließen lässt.
Um die finanzielle Relevanz der Höhe der erhaltenen Subventionen der DAX-Konzerne zu bewerten, wird im Folgenden der jeweils höhere Betrag aus den beiden Erhebungen mit dem kumulierten Vorsteuergewinn der Unternehmen des Beobachtungszeitraums 2016 bis 2023 verglichen. Die kumulierte Betrachtungsweise wurde gewählt, um Differenzen in der zeitlichen Abgrenzung bei der Erhebung der Subventionen zu umgehen.
Bei sieben der 40 Konzerne entsprechen die Subventionen im Beobachtungszeitraum 2016-2023 mehr als zehn Prozent des Vorsteuergewinns. Hiervon entfallen fünf Beobachtungen auf die Informationen der Geschäftsberichte, durch die EU-Datenbank kommen zwei weitere hinzu. Im Durchschnitt beträgt das Verhältnis 7,3 %, im Median lediglich 1,6 %.
Auf Platz drei folgt der Energieversorger RWE mit 4,0 Mrd. Euro laut der EU-Datenbank. Bei RWE entfällt ein Großteil der Subventionen auf direkte Förderungen für Kraftwerke, zum Bau von Windparks und Verbrennung von Biomasse.
Die Geschäftsfelder der drei Unternehmen nehmen Schlüsselpositionen in den Branchen ein, auf den sich die politischen Transformationsabsichten und die Stützungsmaßnahmen der deutschen Regierungen während des Beobachtungszeitraums fokussiert haben.
Während die höchsten Förderbeträge in den Geschäftsberichten ausgewiesen werden, sind jedoch häufiger Einträge zu den Unternehmen in der EU-Datenbank zu finden. Bei acht Unternehmen sind in keinem der betrachteten Geschäftsberichte Informationen über die Höhe der erhaltenen Subventionen zu finden, obwohl es Einträge in der EU-Datenbank zu den Unternehmen gibt. In beiden Datenerhebungen häufen sich jedoch die Einträge zum Ende des Untersuchungszeitraums, so dass sowohl aus der Höhe als auch in der Häufigkeit ein zunehmender Trend von Subventionen zu vernehmen ist.
Lediglich bei drei Unternehmen sind in beiden Quellen keine Angaben über Subventionen zu finden (Commerzbank, Deutsche Börse und Hannover Rück). Bei der Commerzbank ist jedoch die Bundesrepublik Deutschland mit über 15 % der größte Aktionär, was auch hier auf eine zumindest indirekte Subventionierung schließen lässt.
Um die finanzielle Relevanz der Höhe der erhaltenen Subventionen der DAX-Konzerne zu bewerten, wird im Folgenden der jeweils höhere Betrag aus den beiden Erhebungen mit dem kumulierten Vorsteuergewinn der Unternehmen des Beobachtungszeitraums 2016 bis 2023 verglichen. Die kumulierte Betrachtungsweise wurde gewählt, um Differenzen in der zeitlichen Abgrenzung bei der Erhebung der Subventionen zu umgehen.
Bei sieben der 40 Konzerne entsprechen die Subventionen im Beobachtungszeitraum 2016-2023 mehr als zehn Prozent des Vorsteuergewinns. Hiervon entfallen fünf Beobachtungen auf die Informationen der Geschäftsberichte, durch die EU-Datenbank kommen zwei weitere hinzu. Im Durchschnitt beträgt das Verhältnis 7,3 %, im Median lediglich 1,6 %.
Die beiden Extremfälle stellen E.ON und RWE dar. Bei RWE sind Subventionen und Vorsteuergewinn gleichhoch (100,6 %). Grund hierfür ist zum einen das oben erwähnte sehr hohe Volumen an erhaltenen Subventionen und zum anderen, dass der Vorsteuergewinn bedingt durch Restrukturierungsbedarf und den Wandel in der Energiepolitik belastet wurde. Bei E.ON liegt das Verhältnis aus ähnlichen Gründen bei 53,7 %. Das hohe Verhältnis bei Adidas (21,3 %) entsteht maßgeblich durch eine staatliche Liquiditätshilfe in Form eines Kredits der staatlichen Förderbank KfW während der Coronapandemie.
In einer Nettobetrachtung haben RWE und E.ON in den vergangenen acht Jahren keinen Beitrag zu den öffentlichen Kassen geleistet. Die erhobenen Subventionen waren mindestens so hoch, wie die im Geschäftsbericht veröffentlichten Steuerzahlungen. Bei E.ON beläuft sich die Differenz aus Steuerzahlungen und Subventionen auf -7,5 Mrd. Euro, bei RWE auf -2,4 Mrd. Euro. Ein Transfer von den Steuerzahlern zu den Unternehmen hat stattgefunden, obwohl die Unternehmen für die vergangenen acht Jahre kumuliert 3,9 Mrd. Euro (RWE) bzw. 17,4 Mrd. Euro (E.ON) an Vorsteuergewinnen in ihren Geschäftsberichten ausweisen.
Die Statistiken zeigen auf, dass DAX-Konzerne, die im Beobachtungszeitraum alle bis auf eine Ausnahme mehr als eine Milliarde Euro an Vorsteuergewinnen ausweisen konnten, Subventionen erhalten haben, die in vielen Fällen sogar mehr als eine Milliarde Euro betrugen.
Ökonomisch und gesellschaftlich wirft dies die Frage auf, ob es eine wirtschaftliche Notwendigkeit gibt, die DAX-Konzerne in diesem Ausmaß mit Steuergeldern zu stützen oder zu fördern. Angesichts ihrer finanziellen Situation hätten die allermeisten Unternehmen die Beträge aus eigenen Mitteln finanzieren können, ohne ihr Jahresergebnis grundsätzlich zu gefährden.
Wenn es zu einem etwaigen Marktversagen kommt, gibt es aus theoretischer Perspektive drei zentrale Argumente, die aus gesellschaftlicher Sicht Subventionen rechtfertigen. Erstens kann solch eine Situation entstehen, wenn durch wirtschaftliche Aktivitäten eines Unternehmens Kosten für Dritte entstehen, die jedoch nicht in Marktpreisen abgebildet werden, wie es in der Klima- und Umweltdebatte diskutiert wird. Durch Subventionen können finanzielle Anreize für Unternehmen geschaffen werden, Investitionen zu tätigen, welche die Kosten für Dritte reduzieren (Pigou 1920).
Zweitens kann es zu einem Marktversagen kommen, weil Unternehmen weniger als gesellschaftlich gewünscht investieren, wenn Erträge aus Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen nicht exklusiv im Unternehmen gehalten werden können (Arrow 1962). Subventionen können dieses Marktversagen aufheben und weitere private Investitionen auslösen, durch die es zu einer breiten Anwendung des erlangten Wissens kommt (Nelson 1959).
Eine dritte Rechtfertigung für Subventionen entstammt der keynesianischen Wirtschaftstheorie (Keynes 1936). Durch Subventionen können Unternehmen gestützt und dadurch Arbeitsplätze erhalten werden, wie es in der Coronapandemie und dem Ukraine-Krieg getan wurde.
Diesen theoretischen Überlegungen steht jedoch eine wesentlich komplexere Realität gegenüber. Bei einer Geldübertragung ohne Gegenleistung entsteht Moral Hazard. Mittel werden nicht wie beabsichtigt eingesetzt, da das Unternehmen nicht das volle finanzielle Risiko trägt (Arnott und Stiglitz 1988). Der Staat verfügt zudem über unzureichende Möglichkeiten, die Verwendung zu kontrollieren, so dass es zu einem Prinzipal-Agenten-Problem zwischen Staat und Unternehmen kommen kann (Hanke und Heine 2015). So ist es denkbar, dass ein Unternehmen die staatliche Förderung nutzt, um die eigenen Mittel zu ersetzen. Folglich steigen die privaten Investitionen nicht wie erhofft, die finanzielle Belastung wird lediglich vom privaten Unternehmen auf den Staat übertragen.
Durch den Willen der Politik die Wirtschaft zu transformieren, fordern Unternehmen zur Umsetzung der politischen Agenda staatliche Unterstützung ein. Im Sinne der Public Choice Theory (Buchanan 1968) sind politische Entscheidungsträger geneigt, Subventionen zu zahlen, bei denen die Erfolgsaussichten vorteilhaft sind. In diesem Fall können sich Politiker und Staatsbeamte anschließend mit dem Erfolg ihrer Politik schmücken. Hierdurch entsteht ein Substitutionseffekt, bei dem öffentliche Gelder private Investitionen lediglich ersetzen. Lobbyismus kann diesen Vorgang verstärken, da eine Bevorzugung der Großkonzerne bei der Vergabe von Subventionsgelder entsteht.
Des Weiteren ist zu befürchten, dass gegeben des Umfangs der Subventionen für die DAX-Konzerne Subventionen zu Fehlallokationen von Ressourcen, wie Arbeitskräften, Energie und Rohstoffe, führen können, wenn Unternehmen Anreize gesetzt werden, in Geschäftsfelder zu investieren, welche ohne Subventionen nicht wirtschaftlich nachhaltig betrieben werden können. Dies führt zu Preisverzerrungen und Ineffizienzen, was wiederum reales Wachstum drückt (Buchanan (1952), Friedman (1962)). Ebenfalls können Subventionen als Inflationstreiber wirken, wenn die staatlichen Gelder zu einer erhöhten Nachfrage nach Ressourcen und Arbeitskräften führen (Friedman und Schwartz 1963).
Die Evidenz in der empirischen akademischen Literatur für den Nutzen von Subventionen ist gemischt und wenig belastbar wie beispielsweise in dem Literaturüberblick von David et. al. (2000) sowie in den Meta-Studien von García-Quevedo (2004) und Dimos und Pugh (2016). Für deutsche Unternehmen des Servicesektors können Czarnitzki und Fier (2002) lediglich ausschließen, dass staatliche Gelder private Forschungsgelder vollständig verdrängen. Czarnitzki und Lopes-Bento (2014) belegen, dass deutsche Unternehmen durch staatliche Gelder in ihrer Innovationskraft lediglich nicht schlechter werden als nicht geförderte Unternehmen.
Die in dieser Studie präsentierten Daten deuten an, dass der staatliche Eingriff in die Wirtschaft nicht etwaiges Marktversagen beseitigt. Im Gegenteil, staatliche Gelder dienen als Ersatz für private Investitionen. Prinzipal-Agenten Konflikte und Moral-Hazard begünstigen diesen Substitutionseffekt.
Exemplarisch ist der Effekt von Subventionen bei der deutschen Automobilindustrie sichtbar. Durch technische Innovationen und einen hohen internationalen Wettbewerbsdruck müssen deutsche Automobilbauer umfangreich investieren. Die deutsche Automobilindustrie fordert wiederum den Staat zu Hilfen auf. Dies zeigt, dass sowohl ein Substitutionseffekt vorliegt als auch dass die Verzahnung von Wirtschaft und Staat im Sinne der Public-Choice-Theorie zu Verschwendung von Steuergeldern führt. Die Unternehmen sind auch bereits ohne staatliche Intervention zu Investitionen gezwungen (Immenkötter und Kleinheyer 2024).
Der politische Wille, die Wirtschaft zu transformieren und zu stützen, hat dazu geführt, dass die DAX-Konzerne ein stetig wachsendes Volumen an Subventionen erhalten haben und im gleichen Zeitraum deutliche Gewinne verbuchen konnten. Subventionsprogramme werden häufig durch Marktversagen begründet. Die Datenlage zeigt jedoch, dass die staatlichen Gelder nicht dazu beigetragen haben, Investitionen zu fördern. Es ist eher zu befürchten, dass die staatlichen Gelder private Investitionen verdrängen und zu Ineffizienzen und Wettbewerbsverzerrungen führen und damit ihr ursprüngliches gesellschaftliches oder politisches Ziel verfehlen.
Weniger Subventionen aber dafür der Abbau von Bürokratie und Regulierung sowohl in Deutschland als auch in der EU wäre wohl der bessere Weg, um Innovationsdruck mit dem Ziel zu erzeugen, die gesamtwirtschaftliche Produktivität zu erhöhen und um gesellschaftliche Ziele zu erreichen.
1 In der Antwort der Bundesregierung von 26.09.2022 (Deutscher Bundestag 2022) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion an die Bundesregierung nach der Höhe der Förderungen durch Bundesmittel der DAX-Konzerne sind für die Jahre 2010 bis 2023 auf Unternehmensebene zwar aufgelistet, sie können jedoch als unvollständig eingestuft werden, da ausschließlich Beträge, die im Projektförderinformationssystem (profi) der Bundesministerien verzeichnet waren, angegeben werden.
2 Die Deutsche Bank bewertet Zinsüberschusserträge aus den EZB-Programmen TLTRO II und TLTRO III aus den Jahren 2017 bis 2023 als Zuwendungen der öffentlichen Hand. Die Commerzbank kommt zu einer abweichenden Einschätzung und weist trotz Teilnahme an den Programmen keine Zuwendungen der öffentlichen Hand aus.
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