Noch Ende letzten Jahres haben Finanzjournalisten und Bankanalysten den „amerikanischen Exzeptionalismus“ hoch geschrieben. Damit versuchten sie, der exzeptionellen Performance des amerikanischen Aktienmarkts Gravitas zu verleihen. Anfang dieses Jahres haben wir darauf verwiesen, dass die Analogie zu der Wortschöpfung des französischen Aristokraten Alexis de Tocqueville nicht in erster Linie wegen der Performance des Aktienmarkts, sondern wegen der Entwicklung der Wirtschaft gerechtfertigt ist. Die US-Wirtschaft beeindruckt seit längerem durch hohes Produktivitätswachstum, insbesondere im Vergleich zu Europa und Japan. Damals folgerten wir: „Auch heute dürfte früher oder später eine Bereinigung vorangegangener Aktienpreisanstiege kommen. Daraus dann auf das Ende des amerikanischen Exzeptionalismus und Verhältnisse wie nach dem Platzen der japanischen „Bubble Economy“ Anfang der 1990er Jahre zu schließen, wäre jedoch falsch.“1
Seit der Anfang 2025 einsetzenden Schwäche des US-Aktienmarkts schreibt die gleiche Zunft, die ihn vor kurzem noch hoch geschrieben hat, den „amerikanischen Exzeptionalismus“ nun herunter. Die Korrektur am Aktienmarkt, der Rückgang des Rentenmarkts und die Schwäche des US-Dollars werden als Zeichen gewertet, dass die amerikanische Dominanz der Weltfinanzmärkte zu Ende geht. Natürlich kommt es immer wieder zu geopolitischen Verschiebungen und damit verbunden zu Veränderungen in der finanziellen Vormachtstellung in der Welt, vom Römischen Reich bis zum britischen Empire. Doch erscheint es verfrüht, das Ende der Dollardominanz auszurufen. Denn trotz allen Schwächen der USA, die unter der Regierung Donald Trumps besonders auffallen, gibt es heute noch keine realistische Alternative zum US-Dollar als internationale Reservewährung. Das britische Pfund ist nur noch ein Schatten seines Selbsts im 19. Jahrhundert, der japanische Yen ist die Währung eines schrumpfenden Volks, und dem chinesischen Yuan fehlt jede Rechtssicherheit.
Eine viel beschworene Alternative wäre der Euro. Doch in seiner gegenwärtigen Verfassung ist er eine unvollendete Währung. Seine Vollendung droht an der Unfähigkeit der europäischen Völker zu scheitern, durch politische Vereinigung eine Fiskal- und Bankenunion zu bilden. Doch eine politische Union ist nur dann eine unabdingbare Voraussetzung für eine vollendete Währung, wenn diese als Staatsgeld in Form von Fiat-Kreditgeld konzipiert ist. Im Folgenden möchte ich zeigen, dass der Euro vollendet werden könnte, wenn er in einer anderen Form aufgestellt wird. Dann würde er auch die notwendigen Bedingungen erfüllen, die ihn zu einer internationalen Reservewährung machen könnten.
Was eine Reservewährung braucht
Das Konzept der Reservewährung stammt aus der Zeit fester Wechselkurse. Fiel die außenwirtschaftliche Zahlungsbilanz (Leistungs- und Kapitalverkehrsbilanz) ins Defizit, brauchte es Währungsreserven, um dieses Defizit zu finanzieren. Ansonsten drohte eine Abwertung der Währung - und möglicherweise der Staatsbankrott, wenn die Schuld in Fremdwährung denominiert war, die Abwertung zu lange hinausgezögert worden war oder sie den Zahlungsbilanzausgleich nicht zeitnah herstellen konnte. Mit dem Aufkommen flexibler (oder „floatender“) Wechselkurse nach dem Zusammenbruch des Bretton Woods Währungssystems Anfang der 1970er Jahre schienen Währungsreserven zunächst überflüssig geworden zu sein. Bald wurde jedoch klar, dass die Devisenmärkte nicht immer geräuschlos für einen Zahlungsbilanzausgleich sorgten, sondern zuweilen auch ein Eigenleben entwickeln konnten, dem die Politik mit Interventionen begegnen wollte. Dazu brauchte es weiterhin eine Reservewährung.
Was aber braucht eine Devise, um zur Reservewährung zu werden? Dafür muss sie auf internationaler Ebene die bekannten Eigenschaften aufweisen, die dem Geld auf nationaler Ebenen zugeschrieben werden. Sie muss also (1) als globales Transaktionsmittel akzeptiert werden, (2) zur Wertaufbewahrung taugen, und (3) als Recheneinheit dienen. Diese üblicherweise lexikographisch gelisteten Eigenschaften stehen in Beziehung zueinander. Damit eine Devise als globales Transaktionsmittel taugt, muss sie als Recheneinheit eingeführt sein und – um zum Zeitpunkt der Transaktion zur Verfügung zu stehen - aufbewahrt werden können. Ebenso hängt ihre Funktion als Recheneinheit davon ab, dass sie als Mittel für Transaktionen benutzt wird. Und die Funktion der Wertaufbewahrung ist redundant, wenn die Akzeptanz als Transaktionsmittel und Recheneinheit fehlt. Andererseits können sich die Funktionen als Transaktionsmittel und Recheneinheit nicht entwickeln, wenn die Möglichkeit der Wertaufbewahrung fehlt.
Der US-Dollar war die Reservewährung des Bretton-Woods Wechselkurssystems, das im Jahr 1944 aus der Taufe gehoben worden war. Dort hatte er die Funktion der Ankerwährung, an welche die anderen Währungen gekoppelt waren. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der USA für die damalige westliche Welt war der US-Dollar zudem natürlicher Erbe des britischen Pfunds als internationales Transaktionsmittel, internationale Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel.
Mit dem Ende des Bretton-Woods System und der Liberalisierung der Kapitalmärkte erlebten die globalen Finanzmärkte einen enormen Aufschwung. Der Dollar wurde nun auch auf den internationalen Finanzmärkten als Transaktionsmittel immer wichtiger, da er dort den Status eines globalen Vehikels für Liquidität einnahm. Parallel dazu entwickelten sich amerikanische Staatsanleihen zur „sicheren Anlage“. Ihre Rendite gilt für die Rendite aller anderen Finanzinstrumente weltweit als Maßstab.
Wie der Euro zur internationalen Reservewährung werden könnte.
Im Vergleich zum US-Dollar leidet der Euro vor allem an drei Schwächen. Erstens hat er eine einheitliche Kreditqualität nur in Form des von der Europäischen Zentralbank emittierten Bargelds. Die Qualität der von den Banken durch Kreditvergabe geschaffenen Einlagen hängt von der Finanzkapazität der diese Einlagen in letzter Instanz garantierenden Staaten ab. Diese Garantie dürfte in Deutschland aufgrund der (noch) relativ soliden Staatsfinanzen einen höheren Wert haben als zum Beispiel in Italien oder Griechenland.
Zweitens berühren internationale Transaktionen oft den US-Dollarraum, da US-Banken als Korrespondenzbanken im Swift-Netzwerk für Überweisungen eine zentrale Rolle spielen. Daher sind auch Eurozahlungen über Ländergrenzen hinweg nur schwer ganz ohne Beteiligung von US-Instituten durchzuführen. Diese Erfahrung machten europäische Länder, als sie die von der ersten Trump-Regierung auferlegten US-Sanktionen für den Handel mit dem Iran umgehen wollten und dazu ein von den USA unabhängiges Zahlungssystem mit dem Namen INSTEX (Instrument in Support of Trade Exchanges) schufen. Die Implementierung des Systems erwies sich als komplex und erforderte umfangreiche bürokratische Prozesse, die den Betrieb erschwerten. Außerdem fürchteten Unternehmen US-Sanktionen, wenn sie das System nutzten - ein Risiko, das sie nicht eingehen wollten. Folglich blieb INSTEX weitgehend wirkungslos.
Drittens fehlt dem Euroraum eine sichere Anlage, in der die in Euro denominierten Transaktionsmittel geparkt werden könnten. Im Euroraum gelten deutsche Bundesanleihen als sichere Anlage. Das Volumen des Markts für Bundesanleihen mag für die Funktion der sicheren Anlage im Euroraum ausreichen, obwohl es kleiner ist als das Volumen des Markts für italienische Staatsanleihen. Doch für eine globale sichere Anlage ist der Markt für Bundesanleihen schlichtweg zu klein: sein Volumen beträgt nur ein elftel des Markts für US-Staatsanleihen.
An Ideen für den Bau einer sicheren europäischen Anlage in Euro mangelt es nicht. Schon lange wird die Einführung von „Eurobonds“ diskutiert, für die Eurostaaten gemeinsam haften sollen.2 Oder man will die Emission von EU-Anleihen, wie sie für den NextGenerationEU-Fonds angeblich einmalig ausgegeben wurde, verstetigen. Dem widersetzen sich jedoch Deutschland und andere Staaten mit solideren Staatsfinanzen, da sie die Ausfallrisiken höher verschuldeter Eurostaaten nicht übernehmen wollen.
Zur Umgehung dieses Hindernisses haben der US-Ökonom Markus Brunnermeier und andere strukturierte Anleihen unter dem Namen „ESBies“ vorgeschlagen.3 Wie bei Collateralized Debt Obligations sollen Staatsanleihen von Euroländern gebündelt und zwei damit gedeckte Tranchen des Gesamtportfolios emittiert werden. Eine Senior-Tranche soll Vorrang bei der Rückzahlung haben und daher besonders sicher sein. Die Junior-Tranche soll als Puffer für die Senior-Tranche dienen und ein höheres Risiko tragen (das mit einer höheren Rendite vergolten wird). Bisher scheiterte die Umsetzung dieses Plans jedoch an der Furcht der finanziell stärkeren Länder, doch in Haftung genommen zu werden, wenn Zahlungsausfälle das Volumen der Junior-Tranche übersteigen. Außerdem ist die Schaffung und Verwaltung von ESBies technisch komplex und würde wohl eine weitere EU-Behörde erfordern.
Doch die Einführung eines digitalen Euros bietet die Chance, diese Hindernisse zu beseitigen. Der digitale Euro könnte allen Nutzern als elektronisch übertragbares Zentralbankgeld zur Verfügung gestellt werden, seine Übertragung könnte unabhängig von Zahlungssystemen mit US-Bezug erfolgen und die Europäische Zentralbank könnte eine „sichere Anlage“ emittieren.
Der digitale Euro als „Vollgeld“
In früheren Veröffentlichungen habe ich die Aufstellung des digitalen Euro als Vollgeld schon ausführlich beschrieben.4 Der erste Schritt zum Euro als 100 % digitales Zentralbankgeld wäre die Schaffung einer Euro-Bankeinlage, die vollständig durch Zentralbankgeld gedeckt ist. Das für die Besicherung der Einlage erforderliche Zentralbankgeld wäre wiederum durch Staatsanleihen gedeckt (wie im Chicago-Plan vom 16. März 1933 vorgeschlagen). Zwischen 2015 und 2022 kaufte die EZB in großem Umfang öffentliche und private Anleihen, um laut eigener Aussage die Geldmenge und damit die Inflation zu erhöhen. Im Gegensatz dazu würde die sichere Einlage die bestehenden Einlagen ersetzen, ohne die Geldmenge zu erhöhen.
Wenn die Inhaber bestehender Einlagen ihr Geld auf eine sichere Einlage übertragen, bleibt die Summe der Einlagen und damit die Geldmenge unverändert.5 Zur Schaffung der Reservedeckung könnten die Banken die großen Mengen an Überschussreserven nutzen, die sie bereits durch die Abwicklung der Ankäufe von Vermögenswerten für die EZB erworben haben. Sie könnten sich zusätzliche Reserven zur Absicherung von Einlagen beschaffen, indem sie Staatsanleihen, die sie in ihren Bilanzen halten, an die EZB verkaufen, oder, wenn sie keine Staatsanleihen besitzen, diese am Markt gegen andere von ihnen gehaltene Vermögenswerte kaufen. Bei Bedarf könnte die EZB auch andere Bankkredite als Staatsanleihen von den Banken im Tausch gegen Reserveguthaben akzeptieren und diese Forderungen durch Staatsanleihen ersetzen, wenn sie getilgt werden. Auf diese Weise würde eine sichere Einlage und ein ebenso sicherer Vermögenswert wie Banknoten geschaffen, ohne dass eine Einlagensicherung durch die Staaten erforderlich wäre. In einem zweiten Schritt könnte die sichere Einlage in digitales Zentralbankgeld (mit „Distributed-Ledger“-Technologie zur Übertragung) gewandelt werden.6
Jede künftige Erhöhung der Geldmenge würde in Form von zusätzlichen Käufen von Staatsanleihen durch die EZB erfolgen. Die Käufe müssten unabhängig von politischer Einflussnahme und mit einer langfristigen Perspektive beschlossen werden. So könnte sich das Wachstum der digitalen Euro-Geldmenge in Anlehnung an die "k-Prozent-Regel" von Milton Friedman an der langfristigen Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts (dem Wachstumspotenzial) der Wirtschaft des Euroraums orientieren, wie sie von einer bestimmten internationalen Organisation (z. B. der OECD) geschätzt wird. Änderungen der Potenzialwachstumsrate, die in der Summe mehr als 0,5 % in die eine oder andere Richtung ausmachen, könnten zu einer Anpassung des Algorithmus im Rahmen einer "Hard Fork" führen, sofern die Netzwerkteilnehmer, die "Nodes", einen Konsens für die Anpassung erzielen (siehe unten). Damit wäre das Geld nicht länger ein Instrument der diskretionären Wirtschaftspolitik. Angesichts der destabilisierenden Rolle, die die Geldpolitik im Kreditgeldsystem gespielt hat, wäre dies jedoch kaum ein Nachteil.
Mit dem digitalen Euro als Vollgeld wäre die Währungsunion auch ohne Fiskal- und Bankenunion vollendet, da nun sowohl das Papier- als auch das elektronische Geld eine Verpflichtung der EZB wäre und daher eine einheitliche Kreditqualität hätte.
Ein von den USA unabhängiges Zahlungssystem
Der digitale Euro würde mit einer „Distributed Ledger“ Technologie (DLT) „peer-to-peer“ übertragen, so dass alle nationalen und internationalen Zahlungen abseits des von den USA abhängigen traditionellen Zahlungssystems mit dezentraler und privater Prüfung gemacht werden könnten. Um die Transaktionskosten zu minimieren und die Transaktionsgeschwindigkeit zu maximieren könnten die Zahlungen über eine „permissioned“ DLT organisiert werden. Von der EZB akkreditierte private Akteure wie Banken oder Softwareunternehmen würden die Transaktionen prüfen und verifizieren (d.h. die Rolle der „Nodes“ übernehmen). Damit könnte der Euro als elektronisches Tauschmittel sowohl im Euroraum als auch auf globaler Ebene verwendet werden.
Eine von der EZB emittierte „sichere“ Anlage
Die Idee der „ESBies“ von Brunnermeier und Koautoren hat bisher vor allem deshalb keine breite Unterstützung gefunden, weil es Bedenken darüber gibt, ob die Junior-Tranche bei Zahlungsausfällen einen sicheren Puffer bieten kann. Außerdem erscheint es schwierig, einen Konsens aller beteiligten Institutionen über die Aufstellung des Managements der strukturierten Anleihe zu schaffen. Dazu wäre wohl eine weitere EU-Institution nötig, die von allen Mitgliedstaaten abgesegnet werden müsste. Dagegen wäre die Ansiedlung der Emission der sicheren Anlage bei der EZB wohl mit weniger Hindernissen verbunden.
Dirk Meyer und Arne Hansen haben in einem im Jahr 2021 erschienen Artikel die Praxis der Anleiheemissionen von Zentralbanken untersucht. Sie fanden, dass „Notenbank-Schuldverschreibungen … aus historischer Sicht ein durchaus häufig praktiziertes Instrument (sind)“.7 Von 57 Notenbanken wandten 41 Prozent das Instrument aus unterschiedlichen Gründen an, für 33 Prozent waren sie zwar erlaubt, wurden aber nicht durchgeführt und für 26 Prozent bestand ein Verbot. Meyer und Hansen kommen nach einer Untersuchung des Rechtsrahmens für die EZB zu dem Schluss, dass „auch der EZB …. dieses Instrument gemäß ihrer Leitlinie (EU) 2015/510 über die Umsetzung des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems (EZB/2014/60) bereits zur Verfügung (steht)“. Die Handelbarkeit von EZB-Anleihen ist nicht eingeschränkt, aber für die Emission gelten engere Zulassungskriterien in Bezug auf die Geschäftspartner. Die Laufzeit ist auf weniger als 12 Monate begrenzt und die Zuteilung wird auf 100.000 Euro gerundet, sodass nur institutionelle Anleger infrage kommen (Art. 39 Abs. 1). Die Laufzeitbegrenzung von EZB-Anleihen muss jedoch kein Hindernis für die Rolle dieser Anleihen als „sichere Anlage“ sein, da ihre Laufzeit durch Laufzeitverlängerungsswaps ausgedehnt werden kann.8
Meyer und Hansen schlagen die Ausgabe von EZB-Anleihen vor, um das durch die Politik des „Quantitative Easing“ geschaffene Geld wieder einzusammeln. Hier geht es dagegen um die Schaffung einer sicheren europäischen Anlage. Wenn die EZB eigene Schuldverschreibungen ausgibt, die durch auf der Aktivseite ihrer Bilanz liegende Staatsanleihen gedeckt sind, entsteht der Verdacht der Staatsfinanzierung. Wenn der digitale Euro jedoch wie oben beschrieben als Vollgeld aufgestellt ist, für dessen Schaffung klare quantitative Regeln gelten, lassen sich Geldemission und Anleiheemission trennen. Bei der Anleiheemission ist das Motiv die Schaffung einer sicheren Anlage, so dass das Volumen der Emission von der Nachfrage nach einem Wertaufbewahrungsmittel für die als Devisenreserven gehaltenen digitalen Euros bestimmt wird. Weder hier noch bei der Emission des digitalen Euros als Geld darf der Finanzierungsbedarf der Eurostaaten eine Rolle spielen.
Fazit
Gegenwärtig ist der Euro kein Ersatz für den US-Dollar als internationale Reservewährung. Da der Euro nicht in einer sicheren Anlage im nötigen Volumen gehalten werden kann, ist sein Nutzen als Transaktionsmittel und damit auch als Recheneinheit begrenzt. Dem könnte die Emission von EZB-Schuldverschreibungen Abhilfe schaffen.
Konzeptionell wären die EZB-Anleihen den ESBies ähnlich. Die „Junior Tranche“ würde vom Eigenkapital der EZB dargestellt. Ein Ausfall der „Senior Tranche“ wäre nicht zu befürchten, da eine Zentralbank auch mit negativem Eigenkapital arbeiten kann. Allerdings wäre das Vertrauen in eine Währung und Schuldverschreibung eines Emittenten mit negativem Eigenkapital eher gering. Dieser Umstand sollte die EZB veranlassen, bei der Auswahl der als Deckungsstock für Geld und Schuldverschreibung in Frage kommenden Anleihen der Eurostaaten wählerisch zu sein. Statt eines Kaufs nach dem „Kapitalschlüssel“ (wie bei der Politik der quantitativen Lockerung), wäre ein Kauf nach Qualität nötig. Das wäre für die Eurostaaten auch ein Anreiz, ihre Kreditqualität durch eine solide Finanzpolitik zu befestigen.
___________________________________________________
1 Thomas Mayer, Der amerikanische Exzeptionalismus. Flossbach von Storch Research Institute, MAKRO 09/01/2025, S.10.
2 Siehe zum Beispiel “Now is the time to reopen the Eurozone bond debate”, Financial Times vom 27. Mai 2025.
3 Markus K. Brunnermeier, Sam Langfield, Marco Pagano, Ricardo Reis, Stijn Van Nieuwerburgh, Dimitri Vayanos, ESBies: Safety in the tranches. ESRB: Working Paper Series No. 2016/21.
4 Thomas Mayer, The digital euro: An opportunity likely to be missed. Flossbach von Storch Research Institute, Macroeconomics 12.09.2023.
5 Für eine ausführliche Darstellung siehe Mayer (2023).
6 Bei einer „Distributed-Ledger“-Technologie übernehmen mehrere voneinander unabhängige Stellen die Überprüfung von Transaktionen. Am bekanntesten ist die Blockchain von Bitcoin, wo sich im Prinzip jeder für die Überprüfung in einem Wettbewerbsverfahren qualifizieren kann. Eine andere Möglichkeit ist eine „permissioned“ DLT, bei der eine zentrale Stelle Prüfer auswählt. Im Gegensatz zur DLT übernimmt beim „Central-Ledger“-Verfahren eine zentrale Stelle alle Überprüfungen. DLT dürfte wegen der Unabhängigkeit der Prüfer bei den Nutzern mehr Vertrauen genießen als CLT.
7 Dirk Meyer / Arne Hansen: Inflationsabwehr durch EZB-Schuldverschreibungen? Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 15/2021, S. 19.
8 Bei einem Laufzeitverlängerungsswap tauschen zwei Parteien die Laufzeiten ihrer Anleihen. Eine Partei erhält eine länger laufende Anleihe im Austausch für eine kürzer laufende Anleihe. Damit sich durch den Tausch keine Verschlechterungen bei der Kreditqualität ergibt, könnte der Bedarf an länger laufenden Anleihen durch Swaps in entsprechende Bundesanleihen gedeckt werden. Um die Nachfrage zu befriedigen, könnte sich der deutsche Staat überwiegend durch die Emission langlaufender Anleihen verschulden.
Glossar
Verschiedene Fachbegriffe aus der Welt der Finanzen finden Sie in unserem Glossar erklärt.
RECHTLICHER HINWEIS
Diese Veröffentlichung dient unter anderem als Werbemitteilung.
Die in dieser Veröffentlichung enthaltenen Informationen und zum Ausdruck gebrachten Meinungen geben die Einschätzungen von Flossbach von Storch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Angaben zu in die Zukunft gerichteten Aussagen spiegeln die Zukunftserwartung von Flossbach von Storch wider, können aber erheblich von den tatsächlichen Entwicklungen und Ergebnissen abweichen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann keine Gewähr übernommen werden. Der Wert jedes Investments kann sinken oder steigen und Sie erhalten möglicherweise nicht den investierten Geldbetrag zurück.
Mit dieser Veröffentlichung wird kein Angebot zum Verkauf, Kauf oder zur Zeichnung von Wertpapieren oder sonstigen Titeln unterbreitet. Die enthaltenen Informationen und Einschätzungen stellen keine Anlageberatung oder sonstige Empfehlung dar. Sie ersetzen unter anderem keine individuelle Anlageberatung.
Diese Veröffentlichung unterliegt urheber-, marken- und gewerblichen Schutzrechten. Eine Vervielfältigung, Verbreitung, Bereithaltung zum Abruf oder Online-Zugänglichmachung (Übernahme in andere Webseite) der Veröffentlichung ganz oder teilweise, in veränderter oder unveränderter Form ist nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung von Flossbach von Storch zulässig.
Angaben zu historischen Wertentwicklungen sind kein Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.
© 2025 Flossbach von Storch. Alle Rechte vorbehalten.