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„Die Dividende folgt der Unternehmens-Qualität“

Im Interview spricht Ludwig Palm, Manager des Flossbach von Storch - Dividend über Geduld, Qualitätsaktien und sein Treffen mit Charles T. Munger.

Die Dividende galt vor kurzem noch als der neue Zins – jetzt steigen die Zinsen wieder. Ist die Dividenden-Euphorie damit schon wieder vorbei? 

Ich muss gestehen, ich mochte diesen Vergleich noch nie. Die Dividende ist kein Zins – sie war es nie und wird es auch nicht werden. Insofern stellt sich diese Frage eigentlich gar nicht.  

Viele Finanzdienstleister haben in den vergangenen Jahren mit diesem Slogan geworben … 

Ich kann da nur für Flossbach von Storch sprechen – und wir haben das nicht getan. Eben weil Dividenden, anders als der Zins, keine fixe Größe sind. Sie können gekürzt werden oder sogar ausfallen, je nachdem, wie erfolgreich ein Unternehmen arbeitet. Nur weil der Spruch markig klingt, ist er noch lange nicht gut! 

Trotzdem bleibt die Frage, ob der Zinsanstieg nicht dazu führt, dass Dividendenstrategien an Beliebtheit verlieren.  

Ich würde sagen: nein. Trotz Zinsanstieges sind die Realrenditen vieler Staatsanleihen immer noch deutlich negativ. Und ob sich das dauerhaft ändert, ist durchaus fraglich. Anleger brauchen also auch in Zukunft gute Aktien , um die Kaufkraft ihres Vermögens langfristig erhalten zu können. Das gilt heute mehr denn je. Die Dividende ist dabei ein wichtiger Ertragsbaustein, wenn auch nicht der einzige. 

Was meinen Sie damit? 

Wenn Sie eine Aktie kaufen, sollten Sie niemals zuerst und schon gar nicht allein auf die Höhe der Dividende, die Dividendenrendite schauen.  

Auf was schauen Sie stattdessen? 

Auf die Qualität des Unternehmens. Erst wenn die stimmt, dann kann das Unternehmen dauerhaft Dividenden zahlen, sie im Idealfall mit der Zeit auch anheben. Die Dividende folgt der Unternehmensqualität – und nicht umgekehrt.  

Sie managen einen Dividendenfonds und die Dividende ist Ihnen egal? 

Das habe ich nicht gesagt. Die Dividendenrendite ist für uns ein Kriterium neben anderen, nicht mehr und nicht weniger. Das unterscheidet unseren Investmentansatz womöglich von anderen. 

Was sind denn die anderen Kriterien? 

Zum einen die Dividendensicherheit, also die Fähigkeit eines Unternehmens, überhaupt Dividenden zahlen zu können, besser: dauerhaft zahlen zu können. Das klingt so trivial, ist es aber nicht. 

Dann erklären Sie es bitte. 

Der Cash Flow muss ausreichend groß sein, in Forschung und Entwicklung zu investieren, das Geschäftsmodell weiter zu entwickeln und Dividenden auszuschütten. Andersherum: Es bringt nichts, die Aktionäre mit hohen Ausschüttungen bei Laune zu halten, wenn das gleichzeitig bedeutet, die Zukunft des Unternehmens zu verfrühstücken, weil daneben kein Geld mehr für Investitionen da ist, schlimmer noch: wenn aus der Substanz ausgeschüttet wird.  

Und was ist Ihnen noch wichtig? 

Das Steigerungspotenzial der Dividende. Beides, Dividendensicherheit und Steigerungspotenzial, hängen in besonderem Maße von der Qualität eines Unternehmens, der Stabilität des Geschäftsmodells ab. 

Das heißt, es sind auch Titel im Portfolio , deren Dividendenrendite – sagen wir – zwei Prozent oder weniger beträgt? 

Ja. Und in Ausnahmefällen investieren wir sogar in Unternehmen, die noch gar keine Dividende ausschütten, von denen wir aber annehmen, dass sie es in Zukunft tun werden – weil sie es können.  

Der ein oder andere Anleger wird sagen: Das ist mir für einen Dividendenfonds dann doch zu wenig Dividende … 

Was nützen einem langfristig denkenden Anleger einmalig acht Prozent Dividendenrendite, wenn die Dividende im kommenden Jahr ausfällt – und in den Jahren danach auch? Wir mögen viel lieber Unternehmen, die in die Rolle des verlässlichen Dividendenzahlers hineinwachsen beziehungsweise, nachdem wir sie in das Portfolio aufgenommen haben, hineingewachsen sind. Insofern kann ich Sie beruhigen: Im Fonds sind auch Titel, deren Dividendenrendite größer ist als zwei Prozent. 

Was zeichnet eine Dividendenstrategie denn ganz allgemein aus – neben der Qualität der Unternehmen? 

Sie müssen ihr Zeit geben, also langfristig denken. Geduldig sein. Auch das klingt so viel leichter, als es in Wahrheit ist.  

Sind Sie geduldig? 

Ich übe mich darin – jeden Tag. Und ich würde behaupten: es hilft! 

Woran machen Sie das fest? 

Nehmen Sie die Turnover Ratio des Fonds, die lag bei 6,4 Prozent im Geschäftsjahr 2021. Wenn Sie von der Qualität ihrer Beteiligungen überzeugt sind, dann sollten sie auch dabeibleiben und nicht bei jedem Kurswackler von Bord gehen. Bei Flossbach von Storch fällt einem das als Portfoliomanager etwas leichter, weil wir uns nicht sklavisch an irgendwelchen Referenzindizes orientieren oder daran messen lassen müssen. 

Warren Buffett hat vor vielen Jahren den Ratschlag gegeben, günstig zu kaufen und niemals zu verkaufen. 

Und wie so oft steckte da ganz viel Wahrheit und Weisheit drin. Reduktion von Komplexität. Ich mag das sehr! 

In diesem Jahr hat es letztmals die Gelegenheit gegeben, ein Abendessen mit ihm zu ersteigern – es ist die Rekordsumme von 19 Millionen US-Dollar zusammengekommen. Haben Sie mitgeboten? 

(Lacht) Nein, das ist definitiv anderen vorbehalten. Aber es ist wunderbar, dass so viel Geld für einen guten Zweck* zusammengekommen ist.  

Kein bisschen neidisch? 

Ein klein bisschen vielleicht, aber ich kann es verschmerzen, weil ich vor einigen Jahren das große Privileg hatte, seinen kongenialen Partner persönlich zu treffen, Charlie Munger. Noch dazu bei ihm zu Hause, zum Abendessen, in Los Angeles … 

Wie das? 

Ich bin regelmäßiger Besucher der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway. Bei dieser Gelegenheit habe ich irgendwann Charlies Schwiegertochter kennengelernt. Sie hat den Kontakt hergestellt. Mit ihm selbst habe ich zunächst per Email kommuniziert. Irgendwann kam dann die Einladung. Ich konnte es zunächst kaum fassen. Zu Charlie Munger nach Hause?! 

Wie lief der Besuch? 

Ganz unkompliziert. Als ich dort ankam, zeichnete Charlie gerade an Entwürfen für Studentenwohnheime. Er überlegte, ob es aus Platzgründen nicht besser sei, auf Fenster in den Schlafräumen zu verzichten, um stattdessen mehr Platz für größere Gemeinschaftsräume zu haben. So hat Charlie in den Studentenräumen anstelle eines Fensters eine LED-Lampe mit einer Lüftung geplant. Daraus entspann sich dann eine lebhafte Diskussion darüber, wie wichtig Fenster für das Wohlbefinden seien.  

Hat er Ihnen auch Anlageempfehlungen gegeben? 

Nein, ich habe auch nicht danach gefragt. Wir haben über das Investieren im Allgemeinen gesprochen, die Haltung, die einen guten Investor auszeichnet. Über gute Bücher, herausragende Persönlichkeiten – deren Biografien. Über die Welt und ihre Herausforderungen. 

War da überhaupt Zeit für ein Abendessen? 

Das lief nebenbei. Wir haben viele Stunden in Charlies Bibliothek gesessen. Das dürfte der Ort sein, an dem er mit Abstand die meiste Zeit verbringt. Der Wissensdurst scheint sein Lebenselixier. Ein Glas Maotai, chinesischer Schnaps, gab es auch, als Zugabe gewissermaßen!  

Wie würden Sie ihn als Typen beschreiben? 

Als einen sehr bescheidenen, unglaublich klugen, freundlichen, humorvollen und vor allem wissbegierigen Menschen.  

Was hat Sie am meisten an ihm beeindruckt? 

Seine Neugierde. „Die Schule des Lebens“, sagt er, kenne keine Semesterbegrenzung. Und sie mache nicht bei einzelnen Disziplinen halt. 

Könnte von Warren Buffett stammen ...  

Ich würde sagen, Charlie vermag es ebenso, Weisheit und Wahrheit in nur wenigen Worte zu verpacken.  

Dann haben Sie doch bestimmt auch eine Börsenweisheit von ihm?  

„Aktienmärkte sind volatil. Nur wer das aushalten kann, wird reich. Wer es nicht kann, wird es nicht.“ Wobei ich als „Disclaimer“ anfügen möchte, dass diese Gleichung einen entsprechend langen Anlagehorizont voraussetzt. Nichts anderes hat Charlie gemeint. Der Mann ist mittlerweile 98! 

Vielen Dank für das Gespräch. 

*Der Erlös der Versteigerung kommt Obdachlosen in San Francisco zugute.  

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