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Geldanlage
3 Minuten

Ohne Aktien geht es nicht

- Dr. Bert Flossbach

Die Inflation erreicht beachtliche Höhen – und dürfte uns erhalten bleiben. Welche Rolle Aktien beim Schutz von Vermögen spielen können.

Die Preise steigen, so stark wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Im April legten die Verbraucherpreise in der Eurozone laut Statistikbehörde Eurostat im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7,5 Prozent zu. Für Sparerinnen und Sparer bedeutet die gestiegene Inflation den Wertverlust ihrer Vermögen – sofern der Zins (wie aktuell) weit unter der Inflationsrate liegt. Der Realzins ist also negativ.

Das muss aber nicht für alle Anlageklassen gelten. So wird die Inflation häufig als der „Freund der Aktie“ bezeichnet. Doch ganz so einfach ist es nicht. Diese Aussage stimmt nur unter zwei Bedingungen:

  1. Der Unternehmensgewinn, das heißt das Produkt aus Umsatz mal Umsatzrendite, muss mindestens mit dem Tempo der Inflation wachsen. Dazu muss das Unternehmen in der Lage sein, seine Marge zu verteidigen – sprich steigende Kosten an die Kunden weiterzureichen, ohne dadurch einen Absatzeinbruch zu erleiden.
  2. Die Bewertung des Unternehmens beziehungsweise der Aktie darf durch einen starken Zinsanstieg nicht unter Druck kommen.

Auch wenn die Gewinnentwicklung der Unterneh­men nicht in gleichem Maße von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abhängt, ist diese ein guter Indikator für die Gewinne des gesamten Aktien­markts.

Der Konjunkturhimmel hat sich zuletzt aber eingetrübt. Zu den unmittelbaren und mittelbaren Folgen des Kriegs in der Ukraine kommt die schwieri­ge Lage in China hinzu, das in den vergangenen Jahren für einen erheblichen Teil des Weltwirtschaftswachs­tums stand.

Die mittel- und langfristigen Auswirkun­gen auf die chinesische Wirtschaft und die globalen Lieferketten hängen von der Dauer und dem Umfang der Lockdowns und den Maßnahmen der chinesi­schen Regierung ab. Sie werden zumindest in den kommenden Quartalen einen negativen Effekt auf das Weltwirtschaftswachstum haben. Ähnliches gilt für den Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen auf Lieferketten und Rohstoffpreise.

Knappe Kassen

Der Kaufkraftentzug durch die hohen Energiepreise wird Verbraucher und Verbraucherinnen dazu zwingen, an anderer Stelle zu sparen; denn ein Dollar (oder Euro) kann nur einmal ausgegeben werden. In der Anfangsphase der Pandemie wurden Einnahmeverluste großzügig vom Staat ausgeglichen. Inwieweit dies nun auch für höhere Energieausgaben gilt, bleibt abzuwarten.

Das Energiegeld und Zuschüsse für Geringverdiener können die Mehrausgaben allenfalls kurzfristig kompensieren. Eine länger anhaltende Energieverteue­rung zieht den Verbrauchern auf Dauer Geld aus den Taschen und könnte die Konsumstimmung drücken. Letzteres gilt angesichts der geopolitischen Risiken auch für das Investitionsklima bei den Unternehmen.

Es dürfte nicht allen Unternehmen gelingen, Umsatz und Gewinn im Gleichschritt mit der hohen Inflation wachsen zu lassen, zumal sie steigende Inputpreise oft erst mit einem Zeitverzug weiterreichen können. Andere wiederum nutzen das Argument steigender Kosten für überproportionale Preiserhöhungen oder können aufgrund ihrer Marktstellung die Preise turnusmäßig anpassen, ohne dabei auf viel Wider­stand zu stoßen. In Bereichen, wo das Angebot knapp ist, etwa bei Autos, werden Rabatte gestri­chen. Einige Hersteller haben aus der Not des Halbleitermangels eine Tugend gemacht und ihren Absatzmix hin zu höherpreisigen Modellen aufgewertet.

Einzeltitelauswahl wird wichtiger

Aktien bleiben trotz der geopolitischen Risiken und aktuellen Lieferkettenprobleme unseres Erachtens langfristig die attraktivste Anlageklasse . Allerdings sollten die hohen Gewinne der vergangenen Jahre nicht in die Zukunft projiziert werden, denn die Flut hebt nicht mehr alle Schiffe.

Die Einzeltitelauswahl wird zunehmend wichtiger, wobei die Großwetterlage mehr denn je einen Fokus auf Qualität erfordert. Darunter verstehen wir Unternehmen mit hoher Ertragsresilienz, die es dank guten Managements schaffen, ihr Geschäft auch in schwerem Fahrwasser erfolgreich zu steuern und zu wachsen. 

Entscheidend sind die langfristigen Perspektiven der Unternehmen ungeachtet temporärer Verwerfungen in der Wirtschaft und an den Finanz­märkten. Unser Schwerpunkt liegt auf US-amerikani­schen Unternehmen, die einen erheblichen Teil ihrer Gewinne in den USA erzielen und ihre Qualität in der Vergangenheit eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben. Die aus dieser Aktienselektion resultierenden, vergleichsweise hohen US-Dollar-Quoten verstehen wir als sinnvolle Währungsdiversifikation. Historisch erwies sich der US-Dollar regelmäßig als sicherer Hafen und konnte auch in der jüngsten Krise zur Robustheit unserer Portfolios beitragen.

Um die Aktienquoten angesichts eines Mangels an attraktiven Alternativen hochhalten zu können, ist eine kluge Diversifikation erforderlich. Sie bietet Schutz vor nachhaltigen Wertverlusten und eine Partizipation am Wachstumspotenzial überdurchschnittlich guter Unternehmen aus verschiedenen Branchen. Schließlich sollte die Bewertung der Titel angemessen sein. Narrative über fantastisches Wachstumspotenzial, die scheinbar jede Bewertung rechtfertigen, sind kein Ersatz für eine fundierte Analyse. Außerdem sollte die Bewertung auch einen Puffer für den Fall weiter steigender Anleiherenditen bieten.

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