Die Inflation und die restriktivere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank kommen bei den Bürgerinnen und Bürgern an. Ihr Vermögen schwindet – erstmals seit 13 Jahren.
Wohlstand ist ein hohes Gut. Vermögen werden in der Regel über Generationen erarbeitet. Sie entstehen nur dann, wenn Geld investiert und nicht nur für Konsum ausgegeben wird. Erstmals seit 13 Jahren sinken nun die Preise für die Vermögenswerte der Deutschen, wie eine Analyse des Flossbach von Storch Research Institute zeigt.
Im dritten Quartal diesen Jahres fiel der FvS-Vermögenspreisindex um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Vor allem Betriebsvermögen, aber auch Aktien - und Rentenwerte waren betroffen (die Studie finden Sie auf der Internetseite des Flossbach von Storch Research Institute). „Auch bei Immobilien sahen wir innerhalb des dritten Quartals eine Trendwende“, erklärt Senior Research Analyst Philipp Immenkötter, „nachdem die Preise zuvor elf Jahre lang gestiegen sind“.
Der Wohlstandsverlust der Deutschen hat mehrere Gründe und beendet eine langjährige, sehr positive Entwicklung. Die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) seit dem Jahr 2014 ließ die Geldmenge rasant steigen, was wiederum positiv auf die Vermögenspreise wirkte. Durch die globalen wirtschaftlichen und fiskalpolitischen Folgen der Coronapandemie, gepaart mit dem kriegerischen Konflikt in der Ukraine ist dann die Verbraucherpreisinflation in Fahrt gekommen. „Um der Verbraucherpreisinflation entgegenzuwirken sind die Zentralbanken weltweit von ihrer expansiven Geldpolitik abgerückt, was wiederum zu einem Rückgang der Vermögenspreise geführt hat“, erklärt Immenkötter. „Nun sehen wir den ersten Preisverfall für deutsche Vermögensgüter seit dem Jahr 2009“.
Die Analyse zeigt auch, wer von den sinkenden Vermögenspreisen besonders betroffen ist. Das sind vornehmlich vermögende Haushalte, die am stärksten vom Verfall der Betriebsvermögen (-34,7 Prozent zum Vorjahresquartal) betroffen sind. Der Wert ihres Vermögens sank in Summe, also inklusive allen Sach- und Finanzvermögens um 4,4 Prozent. Ein solcher Einbruch wurde in dieser Zielgruppe seit 13 Jahren in Deutschland nicht mehr beobachtet. Bei ärmeren Haushalten, die ihr Geld vor allem in Spar- und Sichtanlagen anlegen und damit über viele Jahre keine nennenswerten Erträge erwirtschaftet haben, fiel der Einbruch nicht annähernd so hoch aus.
Sinkende Vermögenswerte sind auch deshalb ein Problem, weil die Verbraucherpreise zurzeit gleichfalls steigen. Seit dem ersten Quartal diesen Jahres sind die Preise für Vermögenswerte erstmals seit Messung weniger stark gestiegen als die Verbraucherpreise. Im dritten Quartal diesen Jahres lag die Differenz zwischen beiden Sätzen in Deutschland im Schnitt der Bevölkerung bei knapp Minus zehn Prozent.
Wie dauerhaft die Vermögenspreisverluste der Deutschen anhalten werden, bleibt abzuwarten. Eine wichtige Rolle spielt die Notenbank. Wie schnell und inwieweit kann sie überhaupt die Inflation eindämmen? Und welche negativen Nebenwirkungen werden steigende Zinsen auf die Vermögenswerte haben. „Wir rechnen eher damit, dass uns die Inflation der Verbraucherpreise noch länger erhalten bleibt“, sagt Immenkötter. Eine Simulation des Flossbach von Storch Research Institute zeigte zuletzt, dass der mit Blick der expansiven Geldpolitik entstandene Geldüberhang das Potenzial hat, die Inflation bis Mitte dieses Jahrzehnts in den USA bei jährlich 6 Prozent und in der Eurozone bei 4,75 Prozent zu halten.
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