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Das Schuldenwunder

- Flossbach von Storch

Die Zinsausgaben der Staaten werden schon bald bedeutungslos sein. Doch die sinkende Zinslast sollte keine Einladung zum unbegrenzten Schuldenmachen sein.

Schon heute sind die Zinsausgaben keine große Belastung für den Staatshaushalt mehr. Wenn die Notenbanken auch zukünftig als Käufer der letzten Instanz bereitstehen und das Renditeniveau von Staatsanleihen niedrig halten, würde die Zinslast der Staaten nahezu bedeutungslos werden.

Schulden in Zukunft sogar ein Ertragsbringer?

Sollten die Staatsschuldenquoten in Zukunft noch weiter steigen, könnte dies in einigen Fällen paradoxerweise zu einem noch niedrigeren Zinsaufwand führen. Dies gilt etwa für Staaten, deren Anleihen überwiegend negative Renditen aufweisen, was bei der Emission neuer Staatsanleihen zu einem Zinsgewinn führt. Eine Anleihe, die zu 100 zurückgezahlt werden muss, wird trotz Nullkupon mit einem Kurs von über 100 ausgegeben.

Die Differenz zwischen Ausgabe- und Rücknahmekurs fließt als Emissionsgewinn in den Staatshaushalt. Das bedeutet: Je mehr Schulden der Staat in den kommenden Jahren macht, umso geringer die Zinslast, bis der Schuldenberg sogar Zinsen abwirft und zu einem Ertragsbringer wird. Im Fall Deutschlands könnte dies bei unveränderten Zinsen und deutlich steigender Verschuldung bereits vor 2030 der Fall sein.

Dies sollte allerdings nicht als Aufruf zum unbegrenzten Schuldenmachen verstanden werden, sondern lediglich aufzeigen, welch enorme Entlastung ein dauerhaft niedriges Zinsniveau für die angespannten Staatshaushalte bedeutet. Eine solche Schuldenfinanzierung ließe sich als Perpetuum mobile oder auch als Schneeballsystem bezeichnen, ganz wie man will.

Vertrauensverlust in Währung droht

Umsonst ist die Sache natürlich auf Dauer nicht und man fragt sich, wie lange sie funktionieren kann. Über dem vermeintlichen „Free Lunch“ schwebt das Damoklesschwert eines Vertrauensverlusts in die Währung, genauer gesagt in deren Wertaufbewahrungsfunktion. Wenn die Inflation die Zweiprozentmarke einmal deutlich übersteigen sollte und die Zentralbanken diese Entwicklung beschwichtigend als temporär einstufen, käme es zum Vertrauens-Lackmustest.

Die Geldmenge steigt, kurbelt aber den Konsum nicht an

Noch steckt das neugeschaffene Geld aber in der keynesianischen Liquiditätsfalle. So ist in der Eurozone die Geldmenge M1, die neben dem Bargeld auch die Sichteinlagen von Privathaushalten und Unternehmen bei Geschäftsbanken umfasst, seit Jahresbeginn um gut zehn Prozent gestiegen. In den USA hat das Geldmengenaggregat „Money Zero Maturity“, das neben Bargeld und Sichteinlangen noch weitere kurzfristig abrufbare Gelder beinhaltet, im gleichen Zeitraum sogar um mehr als 25 Prozent zugenommen.

Solange das Geld aber auf den Konten verbleibt oder zum Kauf von Immobilien genutzt wird, wirkt es sich nicht oder kaum auf die Nachfrage und Preise von Gütern und Dienstleistungen aus. Dies könnte sich dann ändern, wenn bei den Menschen wieder Optimismus einkehrt, weil ein Impfstoff die Rückkehr zur Normalität ermöglicht und die Wirtschaft wieder anzieht.

Dass die Notenbanken dann die Geldpolitik wieder straffen und die Zinsen anheben werden, erachten wir als sehr unwahrscheinlich, denn das damit verbundene Risiko einer Finanz- und Wirtschaftskrise möchte kein(e) Notenbanker(in) übernehmen.

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