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Märkte

Die Schulden steigen, der Zins nicht

- Philipp Vorndran

Das vergangene Jahr geht in die Geschichtsbücher ein. Die Coronakrise wirkt als Trendverstärker – für Politik, Wirtschaft und Finanzmärkte. Ein Rückblick, der nach vorne schaut.

2020 wird, da braucht es keinen Propheten, als außergewöhnliches Jahr in die Geschichtsbücher eingehen, als Corona-Jahrgang. Nicht nur, was die gesellschaftspolitische oder medizinische Perspektive betrifft, sondern auch die des Investors.

Der Kursabsturz im März, gefolgt von einer ebenso kräftigen Erholung - beides wird uns im Gedächtnis bleiben. Aber: Für das Gewesene gibt der Kaufmann nichts. Deshalb sollten wir uns nicht zu lange mit der Rückschau befassen. Wichtiger ist, was daraus für die Zukunft folgt.

Unabhängig davon, wann der Impfstoff für jedermann, der sich nicht dagegen wehrt, zur Verfügung steht, wirkt Covid-19 als gewaltiger Trendbeschleuniger, als eine Art Turbolader. Für die Digitalisierung etwa. Die virtuelle Welt hat in den vergangenen Monaten großen Zulauf bekommen: Online-Shopping, das virtuelle Konferenzzimmer oder E-Learning. Ein Teil, vermutlich kein ganz kleiner, wird bleiben, auch wenn sich unser Leben längst wieder normalisiert hat.

Die Schulden steigen, die Zinsen nicht

Mindestens genauso wichtig für den Investor ist ein anderer Trend - die Verschuldung. Weltweit haben die Regierungen in den vergangenen Monaten gewaltige Summen an Corona-Hilfen zur Verfügung gestellt, um zumindest die wirtschaftliche Not der Menschen zu lindern - und tun das auch weiterhin. Die Schulden steigen in der Folge immer schneller.

Bezahlen lässt sich das dauerhaft nur mit sehr niedrigen Zinsen, wofür die großen Notenbanken sorgen werden. Wer tatsächlich noch daran geglaubt oder gehofft hatte, die Zinswende nach oben würde irgendwann doch noch kommen, den sollte Covid-19 hoffentlich aufgeweckt haben. Sie wird es nicht - nicht, solange unser Geldsystem Bestand hat.

Sachwerte ohne Alternative

Die Frage ist, was Investoren aus diesem Befund machen sollten, im Übrigen weit über das nächste Jahr hinaus? Sie brauchen erstklassige liquide Sachwerte, allen voran Aktien von sehr guten Unternehmen. Diese Empfehlung ist natürlich nicht neu. Wir werben seit vielen Jahren dafür. Heute gilt sie aber mehr denn je.

Notenbank- und Fiskalpolitik zusammen erzeugen einen zunehmenden Inflationsdruck, der sich in den kommenden Jahren entladen könnte. Nicht in einer Hyperinflation (Extremszenarien waren noch nie unsere Sache), wohl aber in deutlich höheren Teuerungsraten als in den vergangenen Jahren.

Dass die Notenbanken mit kräftigen Zinsanhebungen darauf reagieren, ist nicht zu erwarten. Die US Federal Reserve hat bereits kundgetan, ihr Inflationsziel künftig als Durchschnittswert zu verstehen, ein Überschießen der Raten also durchaus zu tolerieren, nachdem die Inflationsraten in den vergangenen Jahren deutlich unter dem Zielwert von zwei Prozent gelegen haben. Die EZB dürfte es ihr gleichtun. Kein gutes Umfeld für Nominalwerte.

Qualität setzt sich durch

Bleibt die Frage, welche Aktien in das Portfolio gehören. Die, die zu den offenkundigen Profiteuren zählen und deren Kurse schon deutlich gestiegen sind? Oder besser die Zykliker, die unter die Räder gekommen sind - und deshalb scheinbar über ordentlich Nachholpotenzial verfügen?

Wir schauen auf Qualität. Auch daran hat sich nichts verändert. Auf Unternehmen, die über ein erprobtes Geschäftsmodell verfügen, verlässlich wachsen, eine sauber finanzierte Bilanz und ein erstklassiges Management haben, außerdem global aufgestellt sind. Auf Qualitätstitel, die auch größere Krisen weitgehend schadlos überstehen, besser noch, gestärkt aus ihnen hervorgehen.

Qualität hat ihren Preis, doch auch der hat Grenzen. Wenn das Allerbeste bereits eingepreist scheint, dann ist ein sehr gutes Unternehmen zwar immer noch ein sehr gutes Unternehmen - vermutlich aber kein sehr gutes Investment.

Der Text erschien auch als Gastbeitrag in der Zeitschrift AssCompact.

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