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Geldanlage
4 Minuten

Deutliche Korrektur

- Thomas Lehr

Die Aktienkurse sind in den vergangenen Monaten abgerutscht, weltweit, aus verschiedenen Gründen. Viele Anleger fragen sich: Kommt da noch mehr?

Die globalen Aktienmärkte haben Ende des Frühjahrs weiter nachgegeben, insbesondere die Technologietitel. Angesichts des inzwischen erreichten Ausmaßes der Korrektur wächst die Nervosität der Anleger; das ist sehr gut nachvollziehbar. Aber was sind die Gründe für den Abwärtstrend – und was folgt daraus?

Die (bekannten) Erklärungsversuche reichen dabei von steigenden Zinsen (und steigender Inflation ) über die nicht abnehmenden Produktions- und Lieferengpässe, bis hin zu der Sorge vor einer Rezession . Im Folgenden möchten wir versuchen, die Dinge zumindest ein wenig einzuordnen.

Der Unterschied zwischen Preis und Wert

Nur wer eine möglichst genaue Vorstellung davon hat, was etwas wert ist, kann beurteilen, ob der jeweilige Preis attraktiv ist. In den meisten Bereichen des täglichen Lebens sind fallende Preise ein Grund zur Freude, weil die Käuferinnen und Käufer den Wert eines Produkts, einer Dienstleistung einschätzen und mit dem dafür verlangten Preis abgleichen können.

Zumindest sehr viel besser als an der Börse . Denn dort fehlt den meisten Anlegerinnen und Anlegern ein realistischer Bezugspunkt zum Preis. Oft ist ihnen nicht einmal klar, was sie gekauft haben oder wo sie investiert sind.

Wenn sie dann mit unzähligen Nachrichten, Kommentaren und Berichten, oftmals zugespitzt, konfrontiert werden, was denn noch alles passieren könne, wird aus Nervosität Angst. Der Verkauf der Aktien scheint dann oft die einzig „sichere“ Möglichkeit, das eigene Vermögen zu schützen. Die Verkäufe drücken die Kurse weiter – und so weiter.

Umgekehrt wirkt im Übrigen der gleiche Mechanismus: Steigen die Kurse, macht das die unterliegende „Erfolgsstory“ umso glaubhafter. Die Überzeugung der Anleger wächst, sie kaufen und die Kurse steigen weiter. Am Ende möchte dann jeder dabei sein.

Was ist mit den Profis

Ja, man darf vermuten, dass es am Kapitalmarkt eine ebenso große Menge an professionellen Anlegern gibt, die den Wert der gehandelten Ware besser einschätzen können. Weil nicht wenige von ihnen aber versuchen, die Handlungen der weniger gut informierten Anleger zu antizipieren, kommt es nicht selten vor, dass sie die jeweilige Bewegung verstärken, sie manchmal sogar auslösen. Andere wiederum versuchen schlicht, das Momentum, sprich die Dynamik einer Bewegung, zu nutzen, was den Kursausschlag ebenfalls verstärkt.

Eines wollen wir jedoch klarstellen: Heftige Kursausschläge haben in der Regel fundamentale Gründe. Es ist also nicht allein und nicht alles Psychologie. Trends können sich aber sehr schnell hochschaukeln, was wiederrum bedeutet, dass sich Preis und Wert für eine Weile voneinander entfernen.

Ein Beispiel dafür ist der Technologiebereich. Viele Anleger sind in den vergangenen beiden Jahren einer vermeintlich guten „Story“ gefolgt, hatten aber keine Idee davon, was diese selbst bei sehr günstiger Entwicklung wert ist. Wenn jetzt ebenso wenig differenziert verkauft wird, sinkt der Preis von all jenen Unternehmen, die zuvor hoffnungslos überteuert waren. Es trifft allerdings auch die Unternehmen, deren Wert – nach vorne betrachtet – höher ist, als der aktuelle Preis es aussagt.

Statt über die weitere Entwicklung der Kurse zu mutmaßen, ist es aus unserer Sicht daher unerlässlich, eine möglichst klare Vorstellung vom „fairen“ Wert eines Investments zu entwickeln. Dieser sollte die potenziellen Chancen und Risiken berücksichtigen – und ist der Bezugspunkt, zu dem der Preis mittel- bis langfristig immer wieder zurückkehrt. Das dafür notwendige Research ist umfangreich und die getroffenen Annahmen müssen ständig überprüft werden. Am Ende ist das aber genau die Form von Aktivität, die die Grundlage für jede einzelne Investitionsentscheidung und langfristigen Anlageerfolg ist.

Das Anlageumfeld ist rau

Das Anlageumfeld hat sich in den vergangenen Monaten nicht verbessert, da sollten wir uns nichts vormachen. Neben dem Krieg in der Ukraine und dem anhaltenden Lockdown in Teilen Chinas ist es vor allem die Kombination aus hoher Inflation und steigenden, aber im historischen Vergleich immer noch viel zu tiefen Zinsen, die Anlegern Sorgen bereitet.

Wenn die Frage nach einem „fairen Niveau“ der Märkte (Aktien-, Anleihe , Rohstoff- und Währungsmärkte) für die meisten Anleger schon mit Blick auf nur eines dieser Themen kaum zu beantworten ist, macht der Cocktail aus diesen Themen die Antwort scheinbar unmöglich.

Hilfreich sind oft ein paar, scheinbar banale Gedanken. Weder der Krieg in der Ukraine noch der Lockdown in China lösen kurzfristig das derzeitige Inflationsproblem, im Gegenteil. Dazu kommen langfristige und strukturelle Faktoren.

Handelsstreitigkeiten, Pandemie und nicht zuletzt der Krieg führen dazu, dass bestehende Abhängigkeiten zunehmend als Risiko wahrgenommen werden. Die globale Arbeitsteilung hat viele Produkte und Dienstleistungen günstiger gemacht. Würde sie jetzt teilweise rückabgewickelt, wären wohl steigende Preise die Folge. Auch wenn Krieg und Lockdown morgen enden, dürfte die Inflation bleiben.

Diese Erkenntnis liefert eine wichtige Orientierung bei der Zusammenstellung eines Portfolios. Wenn nominale Anlagen trotz des Renditeanstiegs der vergangenen Wochen absehbar nicht in der Lage sind, die Kaufkraft eines Vermögens real zu erhalten, sind Sachwerte alternativlos.

Die aktuelle Phase zeigt allerdings auch, wie wichtig ein langfristiger Anlagehorizont ist. Dazu braucht es genügend Widerstandskraft, eben nicht überhastet auszusteigen, wenn die Kurse kräftig schwanken. Das fällt umso leichter, wenn man in Aktien von Unternehmen investiert, von deren Qualität man überzeugt ist.

Unternehmen, die über hervorragende Produkte und eine starke Wettbewerbsposition verfügen, deshalb hochprofitabel sind. Unternehmen, die weitaus besser mit steigenden Kosten umgehen können als fragile Unternehmen, deren Margen gering sind und deren Verschuldung hoch ist.

Qualität setzt sich durch

Wir sehen, dass sich die Ausgangslage dieser „guten“ Unternehmen in den vergangenen Monaten nicht verschlechtert, sondern sogar verbessert hat. Zwar schließt das nicht aus, dass auch ihre Kurse fallen, wenn sie Opfer der schlechten Stimmung am Aktienmarkt werden.

An der langfristigen Attraktivität eines solchen Investments ändert das aber nichts, im Gegenteil: Fallen die Kurse, ohne dass sich an der Qualität eines Unternehmens etwas ändert, macht es das Investment nur noch attraktiver.

Beim täglichen Blick auf das Depot mag das Anleger zwar nicht trösten. Für unternehmerisch denkenden Investoren – und als solche verstehen wir uns – sind das aber beruhigende Nachrichten. Wir können nicht sagen, wann die Kurse dieser guten Unternehmen wieder steigen. Nur so viel: Langfristig setzt sich Qualität durch. Das wird auch dieses Mal nicht anders sein.

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