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Geldanlage
13 Minuten

Einfach ist richtig

Gute Aktien auszuwählen ist harte Arbeit. Einige grundlegende Gedanken helfen dabei. Etwa der: Seien Sie besser vorsichtig mit Zigarettenstummeln.

Wenn man Aktien zu einem ausreichend niedrigen Preis kauft, wird es gewöhnlich einen Schluckauf im Schicksal des Unternehmens geben, der einem die Chance gibt, mit einem ordentlichen Gewinn auszusteigen, obwohl die langfristige Entwicklung des Unternehmens fürchterlich sein mag.

Ich nenne dies den „Zigarettenstummel-Ansatz“ für Investitionen. Ein Zigarettenstummel, den man auf der Straße findet und nur noch einen Zug in sich hat, lässt nicht mehr viel zu rauchen übrig, aber der „Schnäppchenkauf“ wird diesen einen Zug zum Erfolg machen.

Wenn Sie nicht gerade ein Liquidator sind, ist diese Art von Ansatz, Unternehmen zu kaufen, dumm. Erstens wird sich der ursprüngliche Schnäppchenpreis am Ende möglicherweise als doch nicht so günstig herausstellen. In einem schwierigen Unternehmen ist ein Problem kaum gelöst, bevor nicht schon das nächste auftaucht – genauso wie es nie auch nur eine einzelne Schabe in der Küche gibt.

Die Zeit ist der Freund des wunderbaren Unternehmens

Zweitens wird jeder anfängliche Vorteil, den Sie sich sichern, von den niedrigen Renditen, die das Unternehmen verdient, weggefressen. Wenn Sie z.B. ein Unternehmen für acht Millionen US-Dollar kaufen, das für zehn Millionen Dollar liquidiert oder verkauft werden kann, und sofort eines von beiden in Angriff nehmen, dann können Sie einen hohen Gewinn erreichen.

Aber die Investition wird eine Enttäuschung, wenn das Unternehmen erst in zehn Jahren für zehn Millionen Dollar verkauft wird und in der Zwischenzeit nur ein paar Prozent auf die Investitionssumme verdient und ausschüttet. Die Zeit ist der Freund des wunderbaren Unternehmens, aber der Feind des mittelmäßigen.

Sie denken vielleicht, dieses Prinzip liege auf der Hand, aber ich musste es auf die harte Tour lernen – tatsächlich musste ich es mehrmals lernen. Kurz nachdem ich Berkshire gekauft hatte, übernahm ich das Kaufhaus "Hochschild, Kohn & Co" in Baltimore, das ich durch ein Unternehmen erwarb, das Diversified Retailing hieß und später mit Berkshire fusionierte.

Ich kaufte mit einem erheblichen Abschlag vom Buchwert, die Leute waren erstklassig und das Geschäft beinhaltete einige Extras – nicht bilanziertes Immobilienvermögen und ein erhebliches LIFO-Polster beim Lagerbestand. Wie konnte ich mir das entgehen lassen?

Gute Jockeys sind auf guten Pferden gut

Also – war ich drei Jahre später froh, das Unternehmen ungefähr für das zu verkaufen, was ich bezahlt hatte. Nach dem Ende unserer Unternehmensehe mit "Hochschild, Kohn" kam mir die Erinnerung an den Ehemann aus einem Country-Song: „Meine Frau ist mit meinem besten Freund durchgebrannt, und ich vermisse ihn immer noch sehr.“

Das führt mich direkt zu meiner zweiten Lehre: Gute Jockeys sind auf guten Pferden gut, doch nicht auf alten Kleppern. Berkshires Textilunternehmen und "Hochschild, Kohn" wurden beide von fähigen und ehrlichen Leuten geleitet. Wären diese Manager in einem Unternehmen mit guter wirtschaftlicher Situation eingesetzt worden, hätten sie schöne Ergebnisse erzielt. Aber sie hätten niemals irgendwelche Fortschritte gemacht, solange sie in Treibsand strampelten.

Unschuldig wie Schneewittchen

Ich habe oft gesagt: Wenn ein Management mit brillantem Ruf ein Unternehmen mit schlechten Rahmenbedingungen übernimmt, dann ist es der Ruf des Unternehmens der unbeschädigt bleibt. Ich wünschte nur, ich hätte nicht so fleißig Beispiele dafür geliefert. Mein Verhalten entspricht dem, was Mae West* gestand: „Ich war unschuldig wie Schneewittchen, doch ich ließ mich gehen.“

Eine weitere damit zusammenhängende Lehre: Einfach ist richtig. Auch nach vielen Jahren, in denen wir eine Vielzahl unterschiedlichster Unternehmen kauften und überwachten, haben Charly (Anm. d. Red.: Gemeint ist Charly Munger, Buffetts kongenialer Partner) und ich nicht gelernt, wie man schwierige Unternehmensprobleme löst.

Was wir gelernt haben, ist, wie man sie vermeidet. Wir waren so erfolgreich, weil wir uns darauf konzentriert haben, die niedrigen Hürden zu erkennen, die wir übersteigen konnten, aber nicht, weil wir die Fähigkeit erworben haben, sieben Fuß hohe Hürden zu überwinden.

Diese Erkenntnis mag unfair erscheinen, aber bei Geschäften und Investitionen ist es gewöhnlich viel gewinnbringender, einfach beim Einfachen und Offensichtlichen zu bleiben, statt das Schwierige zu lösen. Gelegentlich müssen Probleme natürlich in Angriff genommen werden, wie in dem Fall, als wir unsere Sonntagszeitung in Buffalo gestartet haben.

In anderen Fällen ergeben sich großartige Investitionsgelegenheiten, wenn ein wunderbares Unternehmen einmalig auf ein schweres, aber lösbares Problem stößt. Insgesamt erging es uns besser damit, den Drachen aus dem Weg zu gehen statt sie zu erschlagen.

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*Mae West (1893-1980) war eine US-amerikanische Schauspielerin und Sängerin.
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Über den Autor

Waren E. Buffett wurde am 30. August 1930 in Omaha, im US-Bundesstaat Nebraska geboren. Er ist nach wie vor Vorstand von Berkshire Hathaway und darüber hinaus einer der erfolgreichsten und bekanntesten Investoren der Welt. Zahlreiche Bücher sind über ihn und seine Anlagephilosophie erschienen, darunter, im Finanzbuch Verlag, auch ein Abdruck seiner Aktionärsbriefe („Essays von Warren Buffett“), herausgegeben von Lawrence Cunningham. Dem Buch ist dieser, in unserem Magazin POSITION erschienene Beitrag entlehnt.

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