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Geldanlage
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Inflationsaussichten

- Flossbach von Storch

Die Teuerungsraten sind zuletzt geklettert. Sparer fürchten einen noch deutlicheren Anstieg. Sind ihre Sorgen berechtigt? Eine Bestandsaufnahme.

„Inflation“ ist eines der großen Themen derzeit. Bei Gesprächen mit Anlegerinnen und Anlegern, in den Medien – wobei das eine sicherlich das andere bedingt. Tatsächlich sind die Teuerungsraten zuletzt deutlich gestiegen, insbesondere in den USA. Die entscheidende Frage lautet: Was passiert in den kommenden Jahren? Setzt sich dieser Trend fort, möglicherweise mit Teuerungsraten, die in einschlägigen Kommentaren zuweilen als „trabend“ oder gar „galoppierend“ beschrieben werden?

Nehmen wir unsere Einschätzung vorweg: Wir gehören nicht ins Lager derer, die glauben, die Inflation würde alsbald aus dem Ruder laufen. Nichtsdestotrotz sind wir davon überzeugt, dass die Teuerungsraten in den kommenden Jahren höher liegen werden als in den vergangenen. Zwei, eher zweieinhalb, vielleicht auch drei Prozent erachten wir als durchaus realistische Größen. Aber was bringt uns zu dieser Einschätzung?

Unterschied zwischen zyklischen und strukturellen Faktoren

Lassen Sie uns eine kurze Bestandsaufnahme machen; schauen wir uns die Trends hinter den aktuellen Inflationszahlen an. Wichtig ist uns dabei der Faktor Zeit. Wir unterscheiden deshalb zwischen den kurzfristigen, den eher zyklischen Treibern, die auf die Inflationsentwicklung wirken, und den langfristigen, den strukturellen Faktoren. Beginnen wir vorne auf der Zeitachse. Beginnen wir mit der Corona-Pandemie und deren ökonomischen Folgen.

Vermutlich ist es wenig verwegen zu behaupten, dass die Coronakrise, die Rezession 2020, vor allem eine Angebotskrise war, weniger eine Nachfragekrise. Bestimmte Güter und Dienstleistungen sind im „Lockdown“ schlicht und einfach „weggebrochen“, waren nicht mehr oder nur noch eingeschränkt verfügbar – einerseits.

Andererseits sind aufgrund der gewaltigen Hilfen der Regierungen und Notenbanken genügend finanzielle Mittel bei den privaten Haushalten vorhanden gewesen. Nur sind die zunächst ungenutzt geblieben. Aus Sorge, den Arbeitsplatz zu verlieren oder schlicht und einfach, weil man nicht wusste, wohin mit dem (zusätzlichen) Geld – Reisen oder Restaurantbesuche sind schließlich nicht mehr möglich gewesen. Am deutlichen Anstieg der weltweiten Sparquoten lässt sich das sehr gut ablesen. Ein Anstieg, der in den einzelnen Volkswirtschaften praktisch synchron verlief.

Im Verlauf der Pandemie ist das Nachfragepotenzial dann sukzessive – und nicht zuletzt inflationsfördernd – abgerufen worden. Geld, das nicht für Reisen oder Restaurantbesuche ausgegeben werden konnte, ist stattdessen häufig in die eigenen vier Wände investiert worden. Neue Möbel, den größeren Fernseher, das moderne Notebook für das Homeoffice nicht zu vergessen, dazu unzählige Druckerpatronen, die Bepflanzung im Garten oder auf dem Balkon. Die Entwicklung der US-Einzelhandelsumsätze verdeutlicht diesen Trend; ähnliches gilt für Europa. Ein Großteil des Konsums ist logischerweise online abgewickelt worden.

Allzu bald dürfte der Geldfluss seitens der Regierungen und Notenbanken auch nicht versiegen …

Wer braucht schon jedes Jahr ein Gartenhaus?

Dass sich aber aus der Coronakrise als solche ein dauerhafter, überproportional starker Inflationsdruck entwickelt, ist unseres Erachtens nicht zu erwarten, selbst wenn sich das Leben wieder normalisiert, Reisen, Restaurantbesuche und eine ausgedehnte Shoppingtour wieder möglich sind, also auch dort der Konsum nachgeholt wird – und die Preise steigen. Für Flüge etwa. Denn die Nachfrage nach den zuvor genannten „Lockdown-Gütern“ wird genauso wieder abflachen. Wer heute ein Gartenhaus kauft oder einen Fernseher, der macht das in den nächsten fünf Jahren vermutlich nicht noch einmal. Über die Zeit werden sich beide Trends relativieren.

In Summe bleiben zwar wachsende Inflationserwartungen – aber eben keine, die sich in überschießenden Teuerungsraten entladen müssten. Diese zyklische, eher kurzfristige Inflationsbetrachtung ist von den Kapitalmärkten unseres Erachtens weitgehend eingepreist.

Wichtiger noch als dieser, an einem sehr überschaubaren Zeitraum hängende Befund, ist die langfristige Perspektive. Was sind die großen Wachstums- und Inflationstreiber in den kommenden Jahren und Jahrzehnten? Es sind im Wesentlichen drei:

Die Demographie.

Die Globalisierung.

Die Technologie.

Alle drei haben bereits in den vergangenen Jahrzehnten auf das globale Wirtschaftswachstum eingezahlt und die Inflationsentwicklung beeinflusst.

Starten wir mit der Demographie. Die geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannten „Babyboomer“, verabschieden sich nach und nach in den Ruhestand. Die entwickelten Volkswirtschaften verlieren also nominal Arbeitskräfte. Dieser Trend stärkt gewöhnlich die Position der am Arbeitsmarkt verbliebenen, wirkt also lohn- und damit inflationstreibend.

Ganz so einfach ist die Sache aber nicht. Denn demgegenüber steht der technologische Fortschritt, die zunehmende Digitalisierung. Zahlreiche Jobs, insbesondere einfachere Bürotätigkeiten, werden obsolet, weil die „Maschine“ weit effektiver und damit günstiger arbeitet als der Mensch. Ein Trend, der nicht neu ist und nicht alle Jobs betrifft (nicht die Pflegekraft oder den Dachdecker), aber doch einige.

Bleibt die Globalisierung. Wir gehen davon aus, dass sie zwar anhält, aber an Dynamik verliert, der „Inflationsdämpfer“ nicht ausfällt, aber womöglich nicht mehr so stark wirkt wie in der Vergangenheit. Kurzum: Die Inflation ist zwar gekommen, um zu bleiben – sie wird unseres Erachtens aber nicht „überschießen“.

Sparerinnen und Sparer sollten sich darüber nicht freuen; selbst ein moderater Inflationsanstieg dürfte sie hart treffen. Denn die Zinsen werden angesichts der globalen Verschuldung vergleichsweise tief bleiben (müssen). Die Möglichkeiten der Notenbanken, bei einem dauerhaften Inflationsanstieg (wenn also das „Inflationsguthaben“ aufgebraucht ist…) gegenzuhalten, sind begrenzt. Ihre Vertreter werden stets die Kollateralschäden im Blick haben müssen, die eine allzu ambitionierte Zinsanpassung nach sich zöge. Den Immobilienmarkt, die Statik des Bankensystems. Von daher ist davon auszugehen, dass die künftigen Maßnahmen, mögliche Zinsanhebungen, nicht über homöopathische Dosen hinausgehen werden, wenn überhaupt.

Auch wenn es langweilig klingt, weil schon so oft von uns gesagt und geschrieben: Langfristig orientierte Anleger werden in diesem Umfeld nicht um erstklassige Sachwerte, vorzugsweise Aktien guter Unternehmen, herumkommen.

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