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Gesellschaft
4 Minuten

Su-Liga statt Superstars: Fußball-Revival in China

- Shenwei Li

China gilt als wirtschaftliche Supermacht, doch im Fußball blieb der große Durchbruch bislang aus. Nun sorgt ausgerechnet eine Amateur-Liga in der Provinz Jiangsu für ein unerwartetes Revival – mit ausverkauften Stadien, Millionenumsätzen und leidenschaftlichen Fans. Analystin Shenwei Li berichtet aus erster Hand, wie Leidenschaft und Lokalstolz den Sport zurückbringen.

Fußball hat in China eine große Tradition. So wurde unser Fußballverband bereits 1924 gegründet. International wurde China 1979 nach einer 20-jährigen Pause wieder Mitglied beim internationalen Fußballverband FIFA und darf seither auch bei internationalen Wettbewerben mitspielen.

Doch abgesehen von einer gelungenen Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2002 ist Chinas Fußball-Nationalmannschaft eine Enttäuschung geblieben, obwohl auch bei uns in der ersten Liga Topgehälter bezahlt werden.

Bei den Asien-Meisterschaften waren wir zwar durchgehend qualifiziert, einzig 2004 wurde aber ein zweiter Platz erreicht. „Als Zuschauer weiß man bei dieser Mannschaft bis zum Ende nicht, wie der gegnerische Torwart aussieht“, schrieb ein genervter Fan nach einem wieder einmal verlorenen Spiel gegen Japan auf den sozialen Medien. „Das viele Geld für Spieler und Übertragungsrechte kann man sich gerne sparen“, schimpfte ein anderer.

Und so ist auch das Interesse an der höchsten Profiliga im Land, der 2004 gegründeten „Super League“, verhalten. Dem Engagement einer Lokalregierung ist zu verdanken, dass der Funke der Begeisterung für diesen Sport bei uns in diesem Frühjahr wieder geweckt wurde. Und das funktionierte dieses Mal nicht mit noch größeren Ausgaben für Spielerstars oder Übertragungsrechte.

Die Geburt der Su-Liga in Jiangsu

Im Mai begann die Lokalregierung der Provinz Jiangsu stattdessen eine lokale amateurhafte Su-Liga zu organisieren, in der die Mannschaften der 13 Städte der Provinz gegeneinander antreten. Damit traf sie offenbar einen Nerv: Die Zuschaueranzahl ist bei diesen Spielen (im Schnitt) etwa dreimal so hoch wie bei „Super League“-Spielen, wovon selbst der regionale Reisemarkt profitiert. Die Zahl der Touristen ist um 48 Prozent gestiegen; die Ausgaben in diesem Bereich um 15 Prozent. Im Durchschnitt ist der Ticketverkauf hier 30-fach überbucht.

Denn hier kann man nach langer Zeit endlich wieder Fußballspiele und -spieler sehen, die aus Leidenschaft und nicht nur für viel Geld spielen. Und die Leidenschaft der Fans hat die Provinz Jiangsu gekonnt verstärkt. So werden bei uns lokale Teams traditionell mit dem Stadt- plus Vereinsnamen bezeichnet. Bei diesem Wettbewerb wird nur der Stadtname genannt, weil sich die Zuschauer vor allem mit den Städten identifizieren. Haben doch die 13 Städte der Jiangsu-Provinz, die allesamt hinsichtlich ihrer Wirtschaftsentwicklung und des Wohlstandsniveaus ähnlich aufgestellt sind, immer schon gerne aktiv und im guten Sinn miteinander konkurriert.

Die Fußballspiele sind somit eine Fortsetzung der gewohnten Konkurrenz. Eine Eintrittskarte kostet zudem nur zwischen fünf und zehn Renminbi, also weniger als einen Euro, sodass jeder dabei sein kann – theoretisch. In der Praxis sorgt der Nachfrageüberhang für einen regen Zwischenhandel. Hier werden die Tickets zu Preisen von bis zu 900 Renminbi beziehungsweise 110 Euro gehandelt.

Fußball als Motor für Tourismus und Wirtschaft

In den ersten fünf Spielen seit dem 10. Mai kamen bereits 130.000 Zuschauer in die Stadien, also im Schnitt 26.000 pro Spiel. Eine rekordhohe Anzahl war am 21. Juni mit 37.000 Zuschauern in den entsprechenden Jiangsu-Stadien. Weitere Spiele werden wohl künftig in größeren Stadien stattfinden müssen. Bereits beim vierten Spiel kamen mehr als 20 Prozent der Zuschauer von außerhalb der Jiangsu-Provinz. Bieten doch die 13 Städte oft kostenlose Tickets oder Ermäßigungen für bekannte Sehenswürdigkeiten an. Sogar Sonderzüge für Fußballanhänger werden eingesetzt. Kostenlose Shuttlebusse fahren dann vom Ausstiegsbahnhof bis zum Stadion.

Die Provinz Jiangsu schätzt, dass pro Saison der Su-Liga etwa 300 Millionen Renminbi erwirtschaftet werden können oder etwa 20 Millionen pro Stadt. Der kommerzielle Wert der SuLiga erhöht sich dementsprechend. Gab es Anfang Mai nur sechs Sponsoren, sind es nun bereits mehr als 20. Darunter wenig bekannte lokale Namen, nationale Größen wie JD, Li Auto und Xiaomi, aber auch internationale Unternehmen wie Kia aus Südkorea oder Heineken aus den Niederlanden zählen dazu. Top-Level-Sponsorship ist angeblich ab einer Million Euro zu haben.

Signalwirkung für ganz China

Andere Lokalregierungen wollen dem Beispiel folgen. Können doch gut organisierte Fußballspiele Geschäft ins Land bringen und Gegenden beleben. Auch die Zentralregierung sieht es gerne, wenn Lokalregierungen untereinander auf diese Art konkurrieren. Zumal es auch für den bekennenden Fußballfan Xi Jinping nach jahrzehntelanger Enttäuschung von der Nationalmannschaft eine Freude sein dürfte, leidenschaftliche Fußballspiele mit begeisterten Zuschauern und Spielern zu sehen.

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