Skip to Content
Geldanlage
5 Minuten

Geduld und Börsenrally

- Thomas Lehr

Die Kurse sind im ersten Halbjahr kräftig gestiegen. Viele Anleger überlegen jetzt, Gewinne mitzunehmen. In der Vergangenheit ging diese Rechnung nur selten auf.

Beim Blick auf die Aktienmärkte kommt derzeit Freude auf. Vor allem die US-Börsen liefen gut. Der marktbreite US-Aktienindex S&P 500 schaffte im ersten Halbjahr ein Plus von 15,2 Prozent (inklusive Dividenden, in US-Dollar gerechnet). Für Anlegerinnen und Anleger aus der Eurozone, die in US-Aktien investierten, sieht die Halbjahresbilanz sogar noch besser aus. Denn die Gemeinschaftswährung wertete zum US-Dollar ab, in Euro gerechnet beträgt das Plus beim S&P 500 daher sogar 18,9 Prozent.

„Muss ich jetzt raus und Gewinne mitnehmen?“

Alles gut, also? Eigentlich schon, sollte man meinen. Wären da nicht die vielen vorsichtigen, manchmal vielleicht sogar übervorsichtigen Anleger. Eine der häufigsten Fragen, die wir momentan gestellt bekommen lautet: „Muss ich jetzt nicht raus und die bisherigen Gewinne mitnehmen?“

Wenn Sie uns schon etwas länger kennen, dürfte sie unsere Antwort nicht überraschen. Sie lautet: „Nein“. Aber natürlich können wir nicht in die Zukunft gucken. Und Marktprognosen für die nächsten Tage, Wochen oder Monate geben wir grundsätzlich nicht ab. Nicht, weil wir dazu keine Lust hätten. Doch kurzfristige Kursprognosen sind eine Wette, sie lassen sich nicht seriös vorhersagen.

„Timing“ gelingt den wenigsten

Langfristig sieht das etwas anders aus. Sie kennen unser langfristiges Weltbild. Die Zinsen bleiben tief, wir rechnen bei sicheren Anleihen noch sehr lange mit real negativen Renditen. Aktien können beim Ziel, den Wert des Vermögens langfristig zu erhalten und zu mehren, eine wichtige Rolle spielen. Und Aktien sind, mit Blick auf die steigenden Gewinne der Unternehmen und die niedrigen Renditechancen anderer Anlageklassen, unseres Erachtens nicht überbewertet.

Ohnehin sollten Anleger nicht der Versuchung erliegen, den Markt „timen zu können“. „Unten kaufen und oben verkaufen“ (oder umgekehrt) dürfte wohl nur den wenigsten gelingen. Das haben Generationen von Anlegern lernen müssen. Beharrlichkeit ist stattdessen gefragt - und Geduld.

Allzu Ungeduldigen hilft im aktuellem Marktumfeld vielleicht ein Blick zurück in die Börsengeschichte. Da zeigt sich: Von der Historie lässt sich keineswegs ableiten, dass Gewinnmitnahmen nach einem guten „Jahresstart“ eine kluge Idee wären. Im Gegenteil! Wir haben uns beim S&P 500 die vergangenen 94 Jahre angeschaut. Da zeigt sich:

  • Lag der S&P 500 nach dem ersten Halbjahr mit mehr als 10 Prozent im Plus (das gab es nach dem zweiten Weltkrieg immerhin 22mal), dann legte der Aktienindex in 18 Fällen (also bei rund 82 Prozent der Fälle) auch während des zweiten Halbjahres weiter zu.
  • Im Median lag die Wertentwicklung in diesen Fällen im folgenden zweiten Halbjahr bei knapp 10 Prozent.
  • Sowohl die gut 80 Prozent „Wahrscheinlichkeit“ einer positiven Wertentwicklung als auch das Plus von knapp 10 Prozent liegen weit über dem Durchschnitt der anderen Jahre, bei denen das erste Halbjahr weniger spektakulär verlief.

Natürlich darf man diesen Rückblick jetzt nicht falsch interpretieren. Uns geht es bei dieser „Zahlenspielerei“ auch gar nicht darum, zu argumentieren, dass man von dieser Statistik weitere Gewinne im zweiten Halbjahr 2021 ableiten könnte. „Die historische Wertentwicklung taugt nicht als ein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung“, das schreiben wir nicht umsonst regelmäßig unter unsere Grafiken, die historische Kursverläufe darstellen.

Uns geht es vielmehr darum, einmal aufzuzeigen, dass sich aus der Historie nicht belegen lässt, dass sich Gewinnmitnahmen nach einem guten ersten Halbjahr ausgezahlt hätten. Von einer kurzfristigen Geldanlage nach dem Motto: „Was soll nach einem guten Halbjahr noch kommen?“ raten wir grundsätzlich ab.

Der Blick zurück kann ängstlichen Gemütern vielleicht aber Mut machen, die persönliche Finanzplanung langfristiger auszurichten. Noch ein Beispiel dafür gefällig? Das zweite Quartal 2021 war das fünfte Quartal in Folge, dass der S&P 500 mit einem Plus von mehr als fünf Prozent abschloss. Ein imposantes Ergebnis.

Eine solche Entwicklung gab es bislang es nur einmal in der Geschichte – und zwar in den 1950ern. Was folgte damals nach der Gewinnserie? In den zwölf Monaten danach legte der S&P 500 noch einmal um weitere 26,4 Prozent zu. Aber Sie wissen ja: Die historische Wertentwicklung kann Anlegern Mut machen, taugt aber selbstverständlich niemals als Indikator.

Das könnte Sie auch interessieren

Glossar

Verschiedene Fachbegriffe aus der Welt der Finanzen finden Sie in unserem Glossar erklärt.

Die neuste Ausgabe der Position

„Innovation oder Revolution?“

Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde, auch (oder besser: insbesondere) an der Börse. Aktien, die als die großen KI-Profiteure gelten, haben ein Hoch nach dem anderen erklommen, bevor so manche von ihnen Anfang August korrigierten. Was bedeutet das langfristig für Anlegerinnen und Anleger?

 

RECHTLICHER HINWEIS

Diese Veröffentlichung dient unter anderem als Werbemitteilung.

Die in dieser Veröffentlichung enthaltenen Informationen und zum Ausdruck gebrachten Meinungen geben die Einschätzungen von Flossbach von Storch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Angaben zu in die Zukunft gerichteten Aussagen spiegeln die Zukunftserwartung von Flossbach von Storch wider, können aber erheblich von den tatsächlichen Entwicklungen und Ergebnissen abweichen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann keine Gewähr übernommen werden. Der Wert jedes Investments kann sinken oder steigen und Sie erhalten möglicherweise nicht den investierten Geldbetrag zurück.

Mit dieser Veröffentlichung wird kein Angebot zum Verkauf, Kauf oder zur Zeichnung von Wertpapieren oder sonstigen Titeln unterbreitet. Die enthaltenen Informationen und Einschätzungen stellen keine Anlageberatung oder sonstige Empfehlung dar. Sie ersetzen unter anderem keine individuelle Anlageberatung.

Diese Veröffentlichung unterliegt urheber-, marken- und gewerblichen Schutzrechten. Eine Vervielfältigung, Verbreitung, Bereithaltung zum Abruf oder Online-Zugänglichmachung (Übernahme in andere Webseite) der Veröffentlichung ganz oder teilweise, in veränderter oder unveränderter Form ist nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung von Flossbach von Storch zulässig.

Angaben zu historischen Wertentwicklungen sind kein Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.

© 2024 Flossbach von Storch. Alle Rechte vorbehalten.

Back to top