Portfoliomanager Michael Illig schildert Eindrücke seiner jüngsten USA-Reise und zeigt, warum US-Qualitätsunternehmen trotz Zoll-Turbulenzen wichtig bleiben.
Herr Illig, Sie sind unlängst in die USA gereist, haben an einer Konferenz im Technologiebereich teilgenommen und einige Unternehmen besucht. Wie war die Stimmung?
Bei Unternehmen und US-Investoren würde ich sie als verhalten, aber keinesfalls negativ bezeichnen. Bei allen Verweisen auf die erhöhte Unsicherheit angesichts der zahlreichen politischen Richtungswechsel beschrieben nahezu alle Unternehmensvertreter, die ich getroffen habe, das aktuelle Nachfrageumfeld als weitgehend robust.
Sie besuchten auch im vergangenen Dezember Unternehmen in den Vereinigten Staaten – also kurz nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Wie hat sich das Sentiment verändert?
Im vergangenen Dezember wurde in zahlreichen Gesprächen mit Firmenvertretern deutlich, dass die Wirtschaftspolitik der Demokraten in den Jahren davor als stark interventionistisch und zunehmend ideologisiert empfunden worden war und der Frust darüber groß war. Die Unberechenbarkeit Trumps war daher nach seiner Wahl ein stets präsentes Thema, schien aber vielen angesichts der Hoffnung auf eine wirtschaftsfreundliche Ausrichtung verkraftbar. Daher gab es aus meiner Wahrnehmung im Dezember einen an Aufbruchstimmung grenzenden Optimismus. Das war diesmal anders. Solche Töne sind deutlich nüchterneren Aussagen gewichen, ohne in Krisenstimmung umzuschlagen. Am besten spiegelt die derzeitige Stimmung der Unternehmen in meinen Augen ein alter englischer Slogan: „Keep calm and carry on“.
Anfang April hat Trump massive Zölle auf US-Importe verhängt, deren Wirksamkeit dann beispielsweise für die EU bis zum 9. Juli aufgeschoben wurden. Wie wird seine erratische Zollpolitik von US-Unternehmen wahrgenommen?
Die Zölle waren einer der wesentlichen Gründe für die von vielen Unternehmen betonte, erhöhte Unsicherheit. Alle wünschten sich mehr Planungssicherheit – vielleicht abgesehen von einigen Beratungsgesellschaften und Softwareanbietern, die Unternehmen bei der Bewältigung der gestiegenen Komplexität unterstützen können. Die meisten Gesprächspartner gingen aber auch davon aus, dass die tatsächlichen Zölle am Ende weit unter den Anfang April kolportierten reziproken Strafzöllen liegen werden.
Glauben Sie, dass es inzwischen besser für US-Unternehmen ist, sich mit Kritik an der Politik zurückzuhalten?
Also darüber möchte ich nicht spekulieren. Öffentlich konnte ich jedenfalls praktisch keine direkte Kritik der Regierung seitens der Unternehmenslenker wahrnehmen.
Gab es auch positive Kommentare zu Trump und seiner Politik?
Die Zurückhaltung bei den Unternehmen ging in beide Richtungen – insgesamt wurde das Thema Politik weitgehend umschifft, abgesehen von konkreten Fragen zu Zöllen oder Sparmaßnahmen der Regierung. Starke Meinungen zu politischen Entwicklungen bekam ich vor allem von einigen Uber-Fahrern zu hören. Darunter auch flammende Trump-Unterstützer, die mir seine Politik auch als Lösung für die in ihren Augen dramatischen Probleme in Europa anpriesen. Einige andere spanisch-sprachige Uber-Fahrer äußerten sich hingegen sehr besorgt über die Situation – obwohl sie selbst legal im Land seien, fürchten sie eine Änderung ihres Bleiberechts. Diese Gespräche spiegelten die starke Polarisierung der Gesellschaft und politischen Debatte ebenso wie die unterschiedlichen Positionen der Nachrichtensender beim Zappen im Hotelzimmer.
Viele Experten sind angesichts der US-Zollpolitik für die USA sehr skeptisch. Manche erwarten eine Rezession, sollten die Zollpläne wie ursprünglich geplant umgesetzt werden. Wie haben sich die Firmenvertreter dort zum wirtschaftlichen Umfeld geäußert?
Die Teilnehmer an der Technologiekonferenz hatten natürlich vor allem einen Blick auf die IT-Landschaft. Die Worte „Unsicherheit“ und „Vorsicht“ waren zwar in aller Munde, aber keiner dort redete von einem ernsthaften Rückgang der IT-Investitionen. Transformationsprojekte gehen weiter voran, lautete der Tenor. Teilweise wurde die empfundene Dringlichkeit zur Modernisierung durch das Hin und Her bei Zöllen und die erhöhte geopolitische Unsicherheit sogar als gestiegen wahrgenommen. Es gab auch die Beobachtung, dass das Wachstum hier in Europa zuletzt angezogen habe – wenn auch von der schwächeren Basis im Vorjahr.
Sie hatten bei ihrer Reise auch mit einzelnen Unternehmen aus dem Industriebereich zu tun. Wie war es dort?
Hier wurde von einer leichten Verlangsamung berichtet, aber keiner meiner Gesprächspartner sah im April deutlichere Rückgänge. Die Sorge also, dass Unternehmen und Konsumenten nach dem Zollschock Anfang April in der Breite eine „Vollbremsung“ bei allen nicht-kurzfristigen Investitionen gemacht haben könnten, scheint sich somit, gemäß Rückmeldung der Unternehmen, bislang nicht zu materialisieren.
Das klingt zwar erst einmal beruhigend. Aber ist es angesichts der Unsicherheiten nicht riskant, mit mehr als der Hälfte des Fondsvermögens in den USA investiert zu sein?
Wenn die von Trump angekündigten und später aufgeschobenen Importzölle so kommen würden wie ursprünglich geplant, dann wären die ökonomischen Auswirkungen aus unserer Sicht tatsächlich dramatisch. Doch dieses Szenario halten wir für wenig wahrscheinlich. Wir rechnen aber insgesamt mit höheren Zöllen als bisher und anhaltenden Handelsauseinandersetzungen. Dies drückt auf das Wachstum, wischt aber die Stärken der dynamischen US-Volkswirtschaft und ihrer vielen erfolgreichen Unternehmen nicht plötzlich weg. Zumal der Effekt ja nicht nur auf die US-Volkswirtschaft begrenzt ist – auch Länder mit hohen Exportanteilen in die USA würden den Gegenwind spüren.
Doch ein höheres Zollniveau dürfte auch die Kosten für US-Unternehmen in Ihrem Portfolio erhöhen und entsprechend auf die Gewinne drücken. Das sind keine guten Aussichten, oder?
Die Entwicklung ist ein klarer Gegenwind und sollte das Wirtschaftswachstum global bremsen. Allerdings muss man hier bei den einzelnen Unternehmen stark differenzieren. Unternehmen mit einer starken Wettbewerbsposition – beispielsweise, weil ihre Produkte für Kunden wichtig und schwer zu ersetzen sind – haben zudem in der Regel eine gute Preissetzungsmacht. Wir sind überzeugt, dass viele der Unternehmen in unseren Portfolios nur unterdurchschnittlich von möglichen Zöllen betroffen sein würden. Darüber hinaus versuchen wir im Portfolio generell, ausgewogen zu agieren, und Pfadabhängigkeiten sowie Klumpenrisiken zu vermeiden. Dabei spielt aber der Unternehmenssitz nur eine untergeordnete Rolle.
Mit Stand Ende Mai waren etwa 60 Prozent des Fondsvermögens in den USA investiert…
… gemessen am Umsatzanteil, den all unsere Unternehmen in den USA erzielen, liegt das Portfolio-Gewicht eher bei 45 Prozent. Denn viele unserer US-Unternehmen sind global aufgestellt, nicht wenige erzielen den Großteil ihrer Umsätze außerhalb der Vereinigten Staaten. Zudem legen wir viel Wert darauf, dass unsere Unternehmen eine hohe Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit aufweisen. Nicht nur aufgrund einer starken Wettbewerbsposition, sondern auch durch andere Faktoren wie eine solide Bilanz. Damit sollten sie auch im Falle einer tieferen Wirtschaftskrise und höheren Zölle nicht in Existenznot geraten.
Nicht in Existenznot geraten, das mag in Extremsituationen helfen, erscheint aber auch nicht gerade verlockend.
Ich habe hier eine Mindestanforderung beschrieben. Ein Unternehmen hoher Qualität muss natürlich auch langfristig gute Aussichten haben, seinen Gewinn zu steigern und Wert für seine Aktionäre zu generieren. Aber damit dies geschehen kann, müssen Firmen zwischenzeitliche Rückschläge ohne substanziellen Schaden überstehen. Und unabhängig davon, ob bereits die aktuellen Ereignisse um den Handelskrieg oder die geopolitischen Konflikte zu einem solchen Rückschlag werden, wird die nächste Krise unweigerlich kommen. Solche Krisen können Sie nicht vermeiden, und aus meiner Sicht auch nicht vorhersagen. Aber sie können vorbereitet sein – und genau darum geht uns bei der Unternehmensauswahl.
Die Qualität der Unternehmen soll also die Anfälligkeit für Krisen mindern. In schwierigen Börsenlagen wie zuletzt im April fallen die Kurse aber trotzdem in der Breite, auch für die Aktien von Qualitätsunternehmen. Wie erleben Sie solche Phasen als Portfoliomanager?
Das ist richtig – in solchen Phasen bleiben natürlich auch wir nicht von Kursrückgängen verschont. In ausgeprägteren Krisenphasen fielen diese historisch allerdings zumindest unterdurchschnittlich stark aus. Letztlich zählt für uns aber nicht die Volatilität – also die kurzfristigen Schwankungen. Was für uns wirklich zählt ist, dass aus kurzfristigen Schwankungen keine dauerhaften Wertverluste werden. Dies passiert vor allem, wenn die Unternehmen Schaden an der Substanz erfahren. Das bedeutet, dass ihre Ertragskraft nachhaltig gemindert wird. Die intime Kenntnis unserer Unternehmen sowie unser Urteil über deren hohe Widerstandsfähigkeit lassen uns in Krisenphasen ruhiger schlafen. Dies erleichtert es auch ungemein, aufkommende Chancen zu nutzen.
Wieso erleichtert dies das Wahrnehmen von Chancen, und haben sie diese auch in der jüngsten Marktkorrektur geboten?
Es erleichtert den Fokus auf Chancen, wenn wir nicht zu stark damit beschäftigt sind, „Brände“ zu löschen. Wenn es bei vielen unserer Firmen angesichts einer Krise drunter und drüber ginge, wären wir bereits voll damit ausgelastet, die Schäden zu analysieren und mit Verkäufen aktiv zu werden. Die hohe Resilienz unserer Firmen gibt uns hingegen mehr Zeit, nach Fällen zu suchen, in denen das Kind mit dem Badewasser ausgeschüttet wurde, wie es in Krisenphasen am Aktienmarkt immer wieder passiert. Wenn wir zuversichtlich sind, dass die Ertragsperspektiven eines Unternehmens nicht wesentlich gemindert wurden, der Aktienkurs allerdings stark korrigiert hat, finden wir gute Gelegenheiten für Zukäufe. Genauso passierte es auch Anfang April, als wir für unsere Verhältnisse relativ aktiv waren, und neben Zukäufen bestehender Positionen auch eine neue Beteiligung aufnahmen.
Das Hin und Her bietet also durchaus Chancen. Vielen Dank für das Gespräch!
Michael Illig managt den globalen Aktienfonds Flossbach von Storch – Global Quality.
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