Schon die Sanktionen der Trump-Regierung zeigten Chinas Abhängigkeit von westlicher Technologie. Staatspräsident Xi Jinping möchte Autarkie. Funktioniert das?
Die Ziele Chinas auf dem Weg zur einer „unabhängigen“ Ökonomie (falls es so etwas überhaupt geben kann) sind ehrgeizig. So soll bis zum Jahr 2025 beispielsweise der Bedarf an Computerchips zu mindestens 70 Prozent selbst gedeckt werden. Langfristig will man den USA hier den Führungsanspruch streitig machen.
Wenn Xi von „zwei Kreisläufen“ spricht, meint er den internationalen und den nationalen Wirtschaftskreislauf. Letzteren gelte es zu stärken, um unabhängiger von internationalen Beschaffungs- und Absatzmärkten zu werden. Im Gegensatz zu Russland ist China für viele westliche Unternehmen einer der wichtigsten Absatzmärkte. Dies ist ein Faustpfand, das China vor weitreichenden Sanktionen schützt. Doch muss Xi bei allem Autarkiestreben gleichzeitig darauf achten, dass er sein erklärtes Ziel der „common prosperity“ – oder frei nach Ludwig Erhard: „Wohlstand für Alle“ – nicht gefährdet.
Noch betreibt China einen ausgeprägten internationalen Warenhandel im Umfang von mehr als 30 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Ein abruptes Ende der Handelsbeziehungen mit dem Westen wäre daher für beide Seiten äußerst schmerzhaft. Aus chinesischer Sicht kommt erschwerend hinzu, dass viele Unternehmen nach wie vor von westlicher Technologie abhängig sind, auch jenseits von Computerchips.
Rückschlag in der Pandemie-Bekämpfung
Für Xi Jinping schien die Corona-Pandemie zunächst eine gute Gelegenheit, seinen Landsleuten mit der erfolgreichen Bekämpfung des Virus die Überlegenheit des chinesischen Systems gegenüber dem Westen zu demonstrieren. Gleichzeitig bot die Pandemie die Möglichkeit, sich vom Ausland abzuschotten und die Autarkiebestrebungen voranzutreiben. Millionen chinesische Touristen tragen ihr Geld nun nicht mehr in fremde Länder und hunderttausende Studenten sind nach Hause zurückgekehrt.
Umgekehrt reisen Ausländer in Scharen ab. Die Anzahl der Expats hat sich nach Aussage von Jörg Wuttke, dem Präsidenten der Europäischen Handelskammer, seit 2019 in etwa halbiert. Damit ist es für die Chinesen auch immer schwieriger, sich ein objektives Bild vom Ausland zu machen, das in der chinesischen Propaganda schlecht wegkommt.
Das selbstbewusste Auftreten Xi Jinpings passt aber nicht mehr zur neuen Realität. China, die ehemalige Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft, verliert an Kraft. Der Immobilienmarkt schwächelt, die Importpreise für Nahrungsmittel und Energie steigen und die Null-Covid-Politik stößt an ihre Grenzen. Der chaotische Lockdown in Chinas Wirtschaftsmetropole Schanghai ist ein Zeichen der Ohnmacht. Weitsichtiges und effizientes Handeln sieht anders aus.
Gesichtswahrung schlägt Gesundheitsschutz
Weder die Partei noch die Provinzregierungen scheinen einen Plan B zu haben, und das dürfte zunehmend auch ausländische Investoren abschrecken. Ein Großteil der über 60-jährigen Chinesen ist zudem nicht (oder nicht vollständig) geimpft, weil sie aufgrund der geringen Infektionszahlen dafür keinen Anlass sahen. Darüber hinaus ist die Wirksamkeit der chinesischen Impfstoffe gegen die Omikron-Variante des Coronavirus sehr gering. Die Zulassung und Verabreichung des BioNTech-Vakzins würden eine unerwünschte Dominanz westlicher Forschung zeigen und damit auch dem Ansehen Xi Jinpings schaden.
Sollte China an seiner dogmatischen und fast schon selbstzerstörerischen Form der Covid-Bekämpfung festhalten und eine Welle drakonischer Lockdowns in immer mehr Regionen durchsetzen, könnte das Virus zur größten Gefahr für die chinesische Wirtschaft, das Ziel „Wohlstand für Alle“, und damit auch für den Parteivorsitzenden selbst werden. Noch schafft er es aber, den Schwarzen Peter an die Provinzregierungen weiterzureichen, die den Unmut der Bevölkerung auf sich ziehen. Je mehr Provinzen aber im Chaos versinken, desto mehr dürfte auch die Zentralregierung in den Fokus der Kritik rücken.
Eine Ausbreitung des Virus würde die chinesische Wirtschaft hart treffen. Produktionsausfälle, Massenarbeitslosigkeit, sinkender Konsum und ein Anstieg der Unternehmenspleiten wären die unmittelbaren Folgen. Dies hätte aufgrund der Größe der chinesischen Volkswirtschaft und der starken Verflechtung mit dem Welthandel auch erhebliche Konsequenzen für die Weltwirtschaft.
Die Europäische Handelskammer in China meldete vor einigen Tagen einen Rückgang der abgefertigten Güter im weltgrößten Containerhafen in Schanghai um 40 Prozent im Vergleich zur Vorwoche. Eine Unterbrechung oder gar Zerstörung zahlreicher Lieferketten würde nicht nur das Wachstum dämpfen, sondern auch den Preisauftrieb weiter beschleunigen. Insofern ist die Antwort auf die Frage nach einer möglichen Stagflation eng mit der Corona- Politik der chinesischen Regierung verbunden.
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