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Bonds in the Spotlight
8 Minuten

„US-Staatsanleihen gab es im Ausverkauf“

- Flossbach von Storch

Handelsstreit, Rating-Verlust und steile Zinskurven – Lars Conrad, Portfolio Director Fixed Income, erklärt, wie der Mai die Anleihemärkte bewegte und wo sich jetzt Chancen bieten.

Herr Conrad, der Mai war ein bewegter Monat an den Anleihemärkten. Was beschäftigte die Anleger und Anlegerinnen?

Lars Conrad: Die Märkte blieben im Mai volatil, im Fokus standen wieder einmal die wechselhaften Ankündigungen des US-Präsidenten zu möglichen Zöllen. Während das erste Handelsabkommen zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich kaum Reaktionen am Markt auslöste, hatte die vorübergehende 90-tägige Senkung der Zölle zwischen China und den USA sichtbare Folgen: Wir sahen einen Ausverkauf bei US-Treasuries.

Staatsanleihen aus den USA gelten weltweit als sicherer Hafen…

… was zunehmend in Frage gestellt wird. Die Schulden steigen scheinbar grenzenlos, ebenso die Zinskosten. Hinzu kommen Unsicherheiten über Wachstum und Inflation in der größten Volkswirtschaft der Welt. Das registrieren auch die Ratingagenturen.

Da gab es zuletzt einige Bewegungen.

Mitte Mai stufte Moody's die USA von Aaa auf Aa1 runter. Sie verloren so dasletzte verbleibende AAA-Rating der drei großen Ratingagenturen. Einer der Hauptgründe dafür war die steigende Staatsverschuldung und die damit verbundene Zinslast.

Wie reagierten die Märkte?

Obwohl die Ankündigung weitgehend erwartet wurde, setzte sie das lange Ende der Zinsstrukturkurve weiter unter Druck. Die Renditen von zehnjährigen Treasuries stiegen zeitweise über 4,6 Prozent, bei zwanzig- und dreißigjährigen Titeln ging es auf mehr als 5,1 Prozent hoch. Das lag natürlich auch an Donald Trumps „Big Beautiful Bill“. Das Steuergesetz passierte das Repräsentantenhaus und markiert einen weiteren Schlag gegen die finanzielle Solidität der USA. Der Trend zu höheren Zinsen bei langen Laufzeiten bleibt auch angesichts hoher Staatsdefizite intakt.

Staatsschulden müssen finanziert werden. Gelingt das in der Zukunft?

Eine interessante Frage, die nicht so einfach beantwortet werden kann. Ohne den Markt, also die Investoren, die Schuldnern ihr Geld anvertrauen und eine den Risiken entsprechende Entlohnung dafür erwarten, kann sich kein Staat finanzieren. Wenn die Risikoprämien immer weiter steigen, droht schlussendlich der Bankrott.

Zumindest, wenn die Notenbank nicht einspringt.

Das ist der springende Punkt. Zumindest in der letzten Instanz, die wir aber noch lange nicht erreicht haben. Letztlich stellt sich dabei immer die Frage, wie unpolitisch die Notenbanken agieren. Sie sind unabhängig, einerseits. Andererseits werden die neuen Notenbankchefs von der Politik eingesetzt und müssen im Notfall die Stabilität des Geldsystems sichern. Vielleicht sehen wir in der Zukunft einen Konflikt zwischen der Politik und dem Markt. Sowas gab es immer wieder, etwa beim „Great Bond Massacre“ in den Neunzigern, als die Treasuries-Renditen rasant hochschnellten und das Staatsdefizit daraufhin reduziert werden musste. Konkrete Markt-Prognosen für die Zukunft sind hier allerdings äußerst schwierig. Spekulationen helfen Anlegern und Anlegerinnen da nicht weiter. Letztlich geht es ohne die USA nicht.

Wie meinen Sie das?

Es geht letztlich auch um die Frage: Wohin mit dem Geld? Die Staatsschulden der USA könnten bis Ende des Jahres auf mehr als 37 Billionen US-Dollar anwachsen. Selbst kleine Teile der Summe lassen sich nicht mal eben in vergleichbare Alternativen umlegen – da fehlt schlicht das Angebot. Außerdem bleibt der US-Dollar Weltleitwährung.

Wie sah es im Mai auf der anderen Seite des Atlantiks aus?

Etwas entspannter. In der Eurozonegab es zuletzt niedrige Wachstumsraten bei einer rückläufigen Inflationsdynamik. Trumps (später aufgeschobene) Zollandrohung von 50 Prozent auf EU-Exporte sorgte für etwas Volatilität. Deutsche Bundesanleihen schnitten auf Monatssicht deutlich besser ab als US-Treasuries.

Auch aus Japan gab es Neuigkeiten, oder?

Bei japanischen Staatsanleihen zogen die Renditen am langen Ende kräftig an, ähnlich wie in den USA. Wir sehen in vielen Industrieländern eine ähnliche Tendenz. Hin zu steigenden Zinsen und steiler werdenden Zinskurven – primär getrieben durch die Schuldendynamik.

Wie reagieren Anleger auf dieses Umfeld?

Das hängt immer von den Zielen ab, die am Bondmarkt erreicht werden sollen. Letztlich geht es um das Maß an Schwankungen, die Anleger bereit sind zu tragen.

Wie sieht es in einer defensiven Strategie aus?

Nehmen wir einmal unseren Fonds Flossbach von Storch - Bond Defensive. Der Fonds hatte schon vor den jüngsten Entwicklungen mit knapp 1,7 Jahren (Stand Ende April) eine niedrige Duration und war von den Bewegungen am langen Ende weniger betroffen. Im Mai wurde der Renditeanstieg im Monatsverlauf dann für Zukäufe genutzt, um die zuvor taktisch verkürzte Duration wieder in den neutralen Bereich, der um die 2 Jahre liegt, zu erhöhen.

Gab es auch Chancen?

Grundsätzlich liegt der Fokus einer defensiven Anlagestrategie naturgemäß eher auf Staatsanleihen und sehr guten Bonitäten. Schon im April wurden im Zuge eines Anstiegs der Risikoaufschläge aber selektiv Käufe von Unternehmensanleihen getätigt. Im Mai gab es zudem einige attraktive Neuemissionen. Bei der Wertentwicklung gab es in diesem eher turbulenten Jahr wenig Ausschläge, der Fonds rentiert auf Jahressicht knapp anderthalb Prozent im Plus.

Was passierte in der flexibleren Anlagestrategie?

Hier gab es etwas größere Bewegungen. Im Mai ging es etwas runter, auch wenn die Rendite auf Jahressicht positiv ist. Die längere Duration (8,12 Jahre per Ende Mai) wirkte negativ. Die Allokation – etwa das Ergebnis der Unternehmensanleihen – pufferte das ab. Im Mai haben wir unseren Bestand in Unternehmensanleihen kaum verändert. Bei etwas schwächeren Bonitäten (BBB) haben wir Gewinne mitgenommen und den Anteil an guten Kreditqualitäten mit AA-Ratings erhöht.

Spielen die Turbulenzen in den USA bei der Auswahl der Anleihen eine Rolle?

Hier sind wir vorsichtiger geworden. Die erratische Zollpolitik Trumps veranlasste uns etwa, die Währungsabsicherung zum US-Dollar auf Portfolioebene zu erhöhen. Das offene US-Dollar-Engagement haben wir im Mai auf rund 2,9 Prozent reduziert.

Wie ist Ihr Ausblick?

Wir bleiben in der Eurozone mit Blick auf die bereits erwähnte schwächere Wachstumsdynamik bei der Duration eher offensiv. Das gilt insbesondere für Unternehmensanleihen. Bei Staatsanleihen aus der Eurozone sind wirbei den Laufzeitenvorsichtiger,auch mit Blick auf einestrukturelle Versteilerung der Zinsstrukturkurven aufgrund der Schuldendynamik. Hier sind wir vor allem bei mittleren Laufzeiten dabei, also im sogenannten „belly“ der Zinsstrukturkurve. Bei längeren Laufzeiten bevorzugen wir qualitativ hochwertige Unternehmensnamen und inflationsgeschützte Anleihen (Inflation Linker). Das ist natürlich nur eine aktuelle Aufstellung, die sich wieder ändern kann, wenn sich das Marktumfeld ändert. Anleger sollten immer das Große, Ganze im Blick behalten.

Das wäre?

Unseres Erachtens spricht derzeit einiges für Anleihen. Es gibt wieder auskömmliche Zinsen, Bonds erfüllen auch deswegen wieder ihren eigentlichen Zweck. Sie können berechenbare Renditen abwerfen und fungieren in gemischten Portfolien als Risikopuffer, wenn es an den Börsen kracht. Das funktioniert natürlich nur, wenn Chancen und Risiken professionell analysiert werden – und im Rahmen der Anlagestrategie bei der Auswahl der Einzeltitel genügend Flexibilität da ist. Aus unserer Sicht geht es nicht nur darum, irgendwelche Indizes, Regionen oder Rating- oder Laufzeitcluster abzubilden. Man sollte sich bei der Geldanlage immer nach den Realitäten der Märkte richten – und die können sich ändern.

Herr Conrad, vielen Dank für das Gespräch.

Die Serie „Bonds in the Spotlight” erscheint regelmäßig auf unserer Internetseite – immer dann, wenn in der Geldpolitik oder an den Anleihenmärkten etwas Relevantes passiert. Die Autoren arbeiten im Bond-Team von Flossbach von Storch. So erhalten Sie Ihre Informationen direkt aus erster Hand.

Wir von Flossbach von Storch bieten neben unseren Multi-Asset- und Aktienfonds zwei Anleihefonds für verschiedene Kundengruppen an. Der Flossbach von Storch - Bond Opportunities richtet sich eher an chancenorientierte Anlegerinnen und Anleger, der Flossbach von Storch - Bond Defensive an vorsichtigere Anleger, die vielleicht bisher klassische Zinskonten nutzten.

Die mit dem Flossbach von Storch - Bond Opportunities verbundenen Chancen und Risiken sowie Informationen zu den Kosten entnehmen Sie bitte den Fondsdetails.

Die mit dem Flossbach von Storch - Bond Defensive verbundenen Chancen und Risiken sowie Informationen zu den Kosten entnehmen Sie bitte den Fondsdetails.

Ein umfangreiches Glossar zu Themen und Begriffen finden Sie auf http://www.flossbachvonstorch.de/de/finanzwissen/glossar/

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